Über die Nacht hat es wieder geschneit. Die Landschaft ist wie unter einer Puderzuckerdecke versteckt. Majestätisch reckt sich das Matterhorn. Der Berg ruft und ich mache mich nach einem ausgiebigen Frühstück im Hotel Excelcior auf den Weg zu einer Zugfahrt der besonderen Art. Hier der 2. Teil meines Reiseberichts über das Weihnachtsdorf unterm Matterhorn – Zermatt.
Der Berg ruft
Mit der Gornergrat-Zahnradbahn will ich in etwa 30 Minuten die Aussichtsplattform des Gornergrats auf 3.100 m Höhe erreichen. Der Bahnmensch in mir ist entzückt über die bevorstehende Fahrt, endlich wieder auf Gleisen unterwegs sein.
Gegenüber dem Bahnhof ist die Talstation, an der schon morgens reger Betrieb herrscht.
Hier beginnt die höchste im Freien angelegte Zahnradbahn Europas und ich bin ihr Bahn-Gast. Mein Ziel der Gipfel, die Panoramaplattform hinter dem Kulmhotel, dem höchst gelegen Hotel der Schweizer Alpen.
Am 20. August 1898 fuhr die Bahn als erste elektrische Zahnradbahn der Schweiz zum ersten Mal auf den Gornergrat in 3.089 m, es war eine bahntechnische Pionierleistung, die es erlaubt die mystische Berg- und Gletscherwelt oberhalb von Zermatt zu entdecken.
Damals, so mein alter Baedeker von 1909, war die Passage im Winter eingestellt, man solle doch den Reitweg nehmen.
Heute fährt sie als moderne, nachhaltige Bahn, die dank des Rückkoppelung-Verfahrens Energie zurückgewinnen und somit energiesparend fahren kann. Dadurch wird durch drei Talfahrten die Energie für eine bis zwei neuerliche Bergfahrten gewonnen.
Die Strecke führt auf 9,4 km über eindrucksvolle Brücken, durch Galerien und Tunnel. Es geht vorbei an Wäldern, Steinschluchten und Bergseen und überwindet 1.484 Höhenmeter.
Mit seiner sonnigen, ganzjährig erreichbaren Aussichtsplattform zählt der Gornergrat zum Top-Ausflugsziel.
Umgeben von 29 Viertausendern, vom größten Schweizer Berg und zweitlängsten Gletscher der Alpen, bietet der Gornergrat ein Gebirgspanorama, das überwältigender nicht sein könnte. Es gilt als eines der schönsten weltweit.
Des Bahnmenschen Herz schlägt höher, denn die Gornergrat Bahn hat ihre historische Lok He 2/2 300 – eine der drei Lokomotiven der ersten Generation – wieder instand gesetzt, vergoldet und am Gornergrat prominent platziert.
Man sollte auf dem Weg nach oben in den verschiedenen Zwischenstationen aussteigen.
Ich steige an der Station Rotenboden aus und mache eine Winterwanderung, vorbei am Riffelhorn mit phantastischer Gornergrat-Aussicht.
Ich entscheide mich für eine Zwischenmahlzeit im Restaurant Al Bosco in Riffelalp und genieße eine wärmende „Gamelle“, eine herzhafte Suppe mit Spinat, Kartoffeln, Lauch, Pasta und Käse und ein hausgemachtes Tiramisù mit einem guten Schweizer Rotwein.
Wagemutige nehmen talabwärts den Schlitten, diese können bei der Station gemietet werden.
Wanderungen sollte man vom Matterhorn Glacier Paradise über den Schwarzsee unternehmen oder von Furi nach Zermatt laufen.
Ich nehme die Gondel …
Für Fotofans gibt es ausgewiesene Fotopoints im Dorf, die schöne Fotos vom Matterhorn sowie auch vom Dorf mit der Weihnachtsbeleuchtung versprechen.
Weihnachten in Zermatt
Meine Blicke schweifen über das atemberaubende Bergpanorama, das in gleißender Sonne liegt – Baedeker nennt es eine „überwältigende Großartigkeit“. Da stelle ich mir die Frage, wie die Einheimischen Weihnachten in Zermatt feiern?
Es gibt den „Dr Samichlaus“, wie man in der Schweiz zum Nikolaus sagt, im Bergdorf Zermatt wird er dabei vom Schmutzli (Knecht Ruprecht) und seinem Esel begleitet.
Der Samichlaus kommt zu den Kindern nach Hause und liest in seinem großen Buch nach, ob sie das ganze Jahr brav waren. Wenn nicht, packt der Schmutzli sie in einen Sack und sie werden auf dem Rücken des Esels in den Wald transportiert – so will es zumindest der Brauch.
Man aß im Wallis das „Gsottus“, ein Siedfleisch, mit Speck, Wurst, Rindszunge, Brustspitz, Blutwurst, was in einem großen Topf gemeinsam gekocht wurde. Dazu gab es Kohl, Kartoffeln und Reis. Die Fleischsuppe konnte danach auch noch einige Tage wiederverwertet werden.
Heute ist das wohl beliebteste Menü in Zermatt Fondue Chinoise. Es ist so beliebt, das die Metzgereien zu Weihnachten eine separate Fondue Chinoise Ausgabe haben.
Unter den meisten Weihnachtsbäumen sind Krippen zu finden – von kleinen und schlichten bis hin zur detaillierten Darstellung der Weihnachtsgeschichte.
Lieder und Instrumentalmusik sind auch unterm Matterhorn wichtige Elemente des weihnachtlichen Brauchtums.
Kulinarischer Hotspot
Kulinarisch ist Zermatt heute zu jeder Jahreszeit ein Hotspot und hat mehr als die gute Schweizer Küche zu bieten. Kulinarische Weltreisen sind möglich. Von japanisch über klassisch französisch bis hin zu mexikanisch, die Vielfalt ist schier unendlich.
In keinem anderen Ferienort in der Schweiz ist die Dichte an Gault-Millau-Restaurants so hoch wie in Zermatt.
Gute Gourmetzeit verbrachte ich dabei im „Zermatt Kitchen Brücke“ vom Zermatt Kollektiv. Ein trendiges und ungezwungenes Konzept mit einem Michelin Bib-Gourmand: am Abend serviert man eine umfangreiche modern-internationale Küche und der Kaffee kommt aus der hauseigenen Rösterei in Zermatt.
Das Zermatt Kollektiv begann mit einem Private-Chef-Service. Neben dem Alpine Fine Dining im Dorf und an der Skipiste gehört heute auch ein Keramik-Studio dazu, das eigenes Geschirr produziert.
In Zermatt präsentiere man zusammen mit Chef Patron Marián Podola eine Gourmetküche von Weltklasse unter dem wachsamen Auge des Matterhorns.
Exzellent speisen kann man auch in den Bergrestaurants, dort oben ist das Niveau auch hoch.
Mit einem Gang durch die Bahnhofstraße als Einkaufstour suche ich ein Erinnerungsstück, um die Kultur und die Geschichte der Region für zu Hause mitzunehmen.
In vielen Geschäften gibt es lokales Kunsthandwerk, Souvenirs sowie traditionelle Schweizer Köstlichkeiten zu kaufen. Meine Wahl, ein Schweizer Messer, mit dem ich daheim den Zermatter Alpkäse und das Trockenfleisch aufschneiden werde.
Weitere interessante Links:
www.zermatt.ch/en/Media/Attractions/Zooom-the-Matterhorn
www.matterhorngotthardbahn.ch/de
www.myswitzerland.com/de-de
www.zermatt.ch/Matterhorn-App
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Text: Dr. Michael Polster
Fotos (von oben): Zermatt Tourismus/©Pascal Gertschen, ©Leander Wenger, ©Zermatt Tourismus_CGB Gornergrat, ©Dr. Michael Polster (4 Bilder), ©Zermatt Tourismus (2 Bilder), ©Alpine-Center, ©Dr. Michael Polster, ©Swiss-Food-Festival-Marc-Kronig, ©Dr. Michael Polster (2 Bilder), ©Zermatt Tourismus