Wandern in den Alpen ist Bewegung in der Natur, Erlebnis mit allen Sinnen, Workout, Sport und Wellness. Die Berge sind für Singles wie für Familien, für Alt und Jung eine beliebte Destination. Je nach Kondition und gewünschten Schwierigkeitsgrad findet jeder seine individuelle Route.
Warum zieht der Berg den Menschen seit Jahrhunderten schon an? Die stillen Meister, wie Johann Wolfgang von Goethe die Berge nannte, sind wunderschön. Das Licht und die Luft der Alpen spenden Erholung. Ihre Ruhe strahlt auf den Betrachter zurück.
Und doch ist das nicht alles: Die mystische Bergerfahrung der Romantiker erklärt das Ungesagte am ehesten. Davon zeugen alle Gedichte und Gemälde, zu denen die Berge sie inspirierten.
Zu den Gipfeln der Alpen wandern
Als erster dokumentierter „zweckfreier“ Wanderer gilt der italienische Dichter Francesco Petrarca, der 1336 den Mont Ventoux bestieg. Bis zur Naturbegeisterung des Bildungsbürgertums in der Aufklärung gibt es wenig Aufzeichnungen, was die Leidenschaft für die Berge betrifft. Der romantische Blick war dann nicht mehr auf soziale und politische Gegebenheiten gerichtet, sondern primär auf die einsame Landschaft als Spiegel des inneren Kosmos.
Durch die Kunstwerke der Romantiker gehörte es bei Wohlhabenden bald zum guten Ton, selbst die Natur zu erleben. Wer es sich leisten konnte, wurde mit Sänften zu den Aussichten getragen, denn die damalige Kleidung, gerade die der Frauen, war alles andere als wandertauglich. In der Rückschau wird diese Mode gern als Anfang des Tourismus in Deutschland bezeichnet.
Kleine Historie: Alpiner Bergsport
Der Berg ruft die ersten Gipfelstürmer bereits im 18. Jahrhundert in die Alpen. Der Montblanc wird 1786, das Matterhorn 1865 erklommen. Viele Bewohner der Alpen sind sehr erstaunt, dass die Städter sich für ihre schroffe, unwirtliche Landschaft begeistern. Doch schnell kommt ihnen der Gedanke, aus dieser Leidenschaft Profit zu schlagen.
Der Skisport – von den Engländern in der Schweiz salonfähig gemacht – steigert noch die Popularität der Alpen als Reiseziel. In St. Moritz entstehen mit dem Kulm und dem Badrutts Palace erste Luxusherbergen der Belle Epoque.
Durch Nutzung der Wasserkraft sind die Nobelhotels im Hochgebirge schon bald elektrifiziert. Schon der Philosoph Hegel beklagt sich Ende des 18. Jahrhunderts über horrende Preise.
Kaum hat sich die Eisenbahn als Verkehrsmittel etabliert, sind die Alpen mittels der Schiene auch schon erschlossen. Zu den verwegensten Projekten des 19. Jahrhunderts zählte das Vorhaben, Nordeuropa mit Italien durch den Gotthard hindurch zu verbinden. Nach unvorstellbar harten Bedingungen am Tunnelbau durch den Fels, die so mancher Arbeiter mit dem Leben bezahlte, wurde der Bahntunnel 1882 in Betrieb genommen.
Neben Transitrouten begann der Bau von Bergbahnen als bequeme Aufstiegshilfe für Touristen. Die erste Zahnradbahn Europas bringt die „Wanderer“ auf den bekannten Schweizer Berg Rigi.
Die erste deutsche Hochgebirgsbahn stellte Otto von Steinbeis 1912 fertig. Ohne den unermüdlichen Bau von Straßen, Tunnels und Brücken, der nach den Weltkriegen in eine zweite Phase ging, wäre der Bergtourismus nie zum Massenphänomen geworden.
Wandern als Breitensport und Freizeitvergnügen
Heute ist Wandern eine beliebte Freizeitbeschäftigung, die von einem kurzen Spaziergang zum feucht-fröhlichen Almbesuch bis zur mehrstündigen Gipfelbesteigung alles umschließt. Das Wandern auf präparierten, gesicherten Pfaden ist problemlos auch für Familien und Menschen mit geringer bis normaler Kondition machbar.
Gute Ausrüstung zum Bergwandern
Dennoch sollte auf gutes Schuhwerk und warme Kleidung geachtet werden. Das Wetter in den Bergen ist unberechenbar und ein sonniger Tag endet schnell einmal mit Sturm. Wer sich mit der Bergbahn auf über 1.500 m begibt,, sollte diese „kleine“ Tour nicht in Badeschlappen und ohne Regenschutz antreten. Auch wenn es im Tal noch so sommerlich warm ist. Das fällt mir immer wieder auf. In der Zahnradbahn von Brannenburg in Bayern zum Wendelsteinhaus (1.724 m) sehe ich Menschen in Sneakern und sogar in Flipflops die letzten Höhenmeter bis zum Gipfel (1.838 m) auf dem Panoramaweg zurücklegen. „Spaziergänge“ zum Wandern im Hochgebirge sind nicht mit einem Ausflug in den städtischen Zoo zu vergleichen.
Bergbahnen und Gondeln
Nichtsdestotrotz wird das Wandern in den Bergen immer komfortabler. Die Gondeln und Bergbahnen bringen einen ohne Anstrengung hoch hinauf.
Wo ein Lift ist, gibt es Almhütten und Gastronomien auf dem Berg. Meistens befindet sich auch ein Abenteuerspielplatz an der Bergstation der Gondeln.
Aber auch vom Tal aus erreicht man wunderschöne Plätze zu Fuß aus. Der große Vorteil: Die Wanderwege fernab der großen Bergbahne sind viel ruhigerund weniger überlaufen.
Weitwandern oder Bildungswandern?
Tourismusverbände bieten an, das Gepäck der Wanderer von Hotel zu Hotel und zurück zum Ausgangspunkt zu transportieren. Wer sich auf eigene Faust eine Route zusammenstellt, erkundigt sich am besten direkt bei den Hotels, ob sie den Gepäcktransport übernehmen.
Derzeit ist das Bildungswandern wieder groß in Mode. Lehrpfade mit Informationstafeln ersetzen einen Führer als Wissensvermittler, ermöglichen selbstbestimmtes Lernen im eigenen Tempo. Zu dieser Form zählen auch geführte Wanderungen, auf welchen ein Ausgebildeter, z.B. Almpädagogen, Kräuter- oder Mineralienkundige, die Eigenarten der Landschaft sowie regionale Geschichte(n) vermittelt.
Die Magie des Gehens am Wasser
Barfußwanderpfade haben eine gesundheitsfördernde Wirkung genau wie die beliebten Kneipp-Gänge. In vielen Orten in den Alpen finden sich Kneipp-Becken.
Aber auch jeder kleine Bach eignet sich für erfrischendes Wasser-Waten nach Sebastian Kneipp, dem Entdecker der Kräfte des Wassers auf den menschlichen Körper. Wasser-Erfahrungen aller Art für Große und Kleine, aber auch einen Barfußweg zum Ohne-Schuhe-Denken befindet sich z.B. im Hexenwasser oberhalb des Tiroler Ferienortes Söll. Zu Fuß oder mit der Gondel erreicht der Wanderer Hochsöll auf 1150 m und den nahen Hexenwald. Die Gondel fährt weiter bis auf den Gipfel der Hohen Salve (1.829 m). Dort machen neben einem Gasthaus Sonnenuhren und eine Windharfe den Begriff Zeit erfahrbar.Im Hexenwasser an der Mittelstation gibt es Spiel und Spaß für Kinder.
Ob Tiroler oder Bayrische Alpen, überall finden sich zahlreiche Urlaubsorte, die sich als perfekte Ausgangspunkte für Ausflüge in die Bergwelt eignen. Besonders beeindruckend sind Klammwege.
Freizeitpaß in den Bergen für jedes Alter
Das Wandervergnügen wird komplett mit einem Bad im Gebirgssee, dem Besuch von Burgen, Höhlen und Klammen. All das erlebbar z.B. in der Gegend zwischen Kufstein und Kiefersfelden. Das bayrische Dorf in der Kaiserwelt, an der Grenze zu Tirol, ist Ausgangspunkt einer ca. 30-minütigen Wanderung durch die Gießenbachklamm.
Nach 202 Treppenstufen und Wegen durch die Klamm gelangt der Wanderer zur Schopper Alm. Ein Geheimtipp abseits der großen Pfade mit Streichelzoo, Bobby-Car-Downhill für Mutige und individuelle Spielplätze rund um den Biergarten.
Wer hier zuviel Kindergetrappel fürchtet, setzt sich auf die gepflegte Hauptterasse. Das ist das Schönste an den Bergen: Jeder fühlt sich hier aufgehoben, wenn er sich vor dem Wunder Natur verneigt.
Kleiner Alpenführer: Wegweiser in den Alpen
Mit Bergsteigen oder (Berg-) wandern ist das Begehen bergigen Geländes gemeint. Gelb markierte Wege weisen in den Alpen auf Talwanderwege hin. Die farbigen Markierungen befinden sich z.B. als Ringe an Bäumen.
Weiß-rot-weiß steht für etwas schwierigere Bergwanderungen mit Wegen am Berghang und weiß-blau-weiß für Alpinwanderwege. Bei ihnen ist, grob gesagt, überwiegend keine Wegspur mehr vorhanden ist.
Typischerweise sind von der Tal- bis hin zur Alpinwanderung die Wege schlechter ausgezeichnet und ausgebaut bzw. verschwinden ganz, die Höhen nehmen zu sowie Gletscher, Eis, Geröllfelder und heikle Wiesenhänge. Anforderungen an Erfahrung, Ausdauer, Ausrüstung und Orientierungsvermögen steigen.
Text und Fotos: Verena Wagner