Klischees, Vorurteile – egal, wie wir sie nennen, sie bestimmen nicht nur unseren Alltag zu Hause, sondern auch unseren Blick auf die Welt. So sind doch wirklich alle Kanadier nett, Inselaufenthalte bedeuten automatisch Entspannung und alle Kettenhotels sind gleich – oder etwa nicht?
Gehen Sie mit uns der Sache auf den Grund. Blicken Sie hinter die Kulissen und finden heraus, welche Vorurteile der Wahrheit entsprechen. Und welche in das Reich der Fantasie gehören.
Insel ist gleich Entspannung pur?
Dass diese Gleichung zu kurz greift, stellt die Blumeninsel Madeira unter Beweis. Entspannung ist auf Madeira möglich, aber nur der halbe Spaß: Das madeirensische Sprichwort „Sempre em frente“ besagt „Immer vorwärts“ und steht symbolisch für die Madeira Ocean Trails (MOT).
Trailrunning, also das Laufen abseits asphaltierter Straßen, hat sich hier fest etabliert. Mit mehr als 20 Strecken unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade lädt Madeira Outdoorfans das gesamte Jahr über dazu ein, den Inselurlaub etwas anders zu erleben.
Dabei geht es für die Läufer teils entlang der imposanten Küste oder hoch hinaus in die Berge – das Meer immer im Blick. Die Skyrunning-Pfade hingegen liegen ausschließlich im Gebirge und zeichnen sich durch technisch schwierige Abschnitte sowie starke Steigungen aus. Um die Strapazen zu belohnen, haben die Sportler von dort spektakuläre Aussichten.
Lost in Translation in Tokyo?
Die Shinjuku-Station im Herzen Tokyos beeindruckt mit insgesamt 51 Bahnsteigen, mehr als 200 Ein- aus Ausgängen und rund zwei Millionen Fahrgästen, die hier täglich aus- oder umsteigen.
Die Frage scheint berechtigt: Wie soll sich hier ein deutscher Urlauber orientieren können?
Aber entgegen vieler Klischees finden sich Reisende in Tokyo auch ohne Japanischkenntnisse gut zurecht. Neben dem modernen Nahverkehrssystem, das Beschilderungen sowie Durchsagen auf Englisch liefert, können sich Urlauber zudem auf die japanische Gastfreundschaft – die sogenannte „Omotenashi“ – verlassen.
Mit Blick auf die Olympischen Spiele, die nun für den Sommer 2021 geplant sind, wird sich Japans Hauptstadt noch weiter auf seine internationalen Gäste einstellen, beispielsweise mit ausländischen Taxifahrern, denn diese Tätigkeit war zuvor nur Einheimischen vorbehalten.
Und wußten Sie dass auf Okinawa im Süden Japans die meisten Hundertjährigen leben?
Gibt es wirklich nichts in North Dakota?
„Fly over States“ – so nennen viele Amerikaner die Staaten im Herzen des Landes. Denn dort gäbe es ja „nichts“, man könne also getrost drüber hinwegfliegen.
Das Klischee stimmt – im Great American West Staat North Dakota mit seinen gerade mal 750.000 Einwohnern gibt es wirklich nichts. Außer jede Menge unberührte Natur mit wilden „Badlands“, Bisonherden und schnurgeraden Straßen zwischen wogenden Weizen- und Sonnenblumenfeldern.
In North Dakota weiß man um seine Nicht-Attraktivität unter den Landsleuten und macht sich gar einen Marketingspaß daraus. Allen Besuchern, die den Staat nachweislich als letzten der 50 US-Bundesstaaten besuchen, wird eine Urkunde und ein gratis T-Shirt des „Best for Last Club“ spendiert.
Sind Kanadier immer freundlich?
Die Bewohner des Ahornlandes lassen sich in drei Kategorien einordnen. Sie sind entweder „super nice“, „sehr nice“ oder ganz einfach „nicht kanadisch“.
Der stets freundliche Umgangston der Kanadier und ihre Hilfsbereitschaft sorgen für eine allgemein gute Stimmung. Das zeigt sich zum Beispiel im Supermarkt, wenn die Kassiererin jeden Kunden begrüßt und fragt, wie es ihm gehe. Lieber einmal zu oft „sorry“ sagen als zu wenig, lautet die Devise.
Und die Bewohner Kanadas sind stolz auf ihr Land und auf ihre Eigenheiten. Oft tragen sie die weiß-rote Flagge mit dem roten Ahornblatt deutlich sichtbar, so wie diese freundlichen Herren in der kanadischen Hauptstadt Ottawa im Bundesstaat Ontario.
Sind Kettenhotels alle gleich?
Das Courtyard Marriott Oberpfaffenhofen südlich von München fällt bereits durch seine Lage auf, denn es befindet sich vor den Toren der Landeshauptstadt, umgeben von Seen.
Doch gerade in diesen Zeiten zieht es uns Menschen vermehrt in die weitläufige Natur, fernab der Massen. Ein großer Standortvorteil dieses sehr persönlich geführten Hauses, in dem viel Wert auf Nachhaltigkeit und Regionalität gelegt wird.
So kommt der Honig beim Frühstücksbuffet zum Beispiel nicht aus einer Plastikpackung, sondern gleich vom Dach.
Dort sind sechs Bienenvölker als „fleißige Hotelmitarbeiter“ ständig bei der Arbeit, um auf ihre Weise einen Beitrag zu leisten und die Gäste glücklich zu machen. Des Weiteren kommen viele Produkte direkt aus der Region.
Nicht verwunderlich, dass bei all der Hingabe die Hotelmitarbeiter nicht aus aller Herren Länder stammen, sondern allesamt aus dem süddeutschen Raum.
Nichts als Strand in Florida?
Sonne, Palmen, Strände – Florida! Das Klischee stimmt – ist aber nur die halbe Wahrheit. Hätten Sie erraten, dass unser Titelbild aus Florida kommt?
Abseits sowohl der Atlantikküste im Osten als auch der Golfküste im Westen gibt es unzählige Beispiele, welche die bekannten Stereotypen über Florida gründlich widerlegen.
In Ocala in Zentralflorida etwa suchen Urlauber vergeblich Strände. Stattdessen finden sie hier Canyons, durch die sie in fast 50 Metern Höhe an einer Zipline hindurchsausen können.
Knapp 300 Kilometer weiter nördlich, südlich der Hauptstadt Tallahassee, befindet sich Wakulla Springs, eine der größten und tiefsten Süßwasserquellen der Welt.
Und in Marianna, an der Grenze zu Alabama, bestaunen Reisende Stalagmiten, wenn sie in den Höhlen des Florida Caverns State Park den Sunshine State von unten bestaunen.
Nur Käse und Wein an der Französischen Atlantikküste?
Sie lieben Käse, bestehen auf Drei-Gänge Menüs und ohne einen guten Wein ist jede Mahlzeit belanglos. Die Rede ist von unseren französischen Nachbarn, die – laut weit verbreitetem Stereotyp – ihre Baskenmützen wenn überhaupt zum Schlafen absetzen und nur mit Baguette in der Hand durch die Landschaft ziehen.
Tatsache ist jedoch, dass Franzosen nur minimal mehr Käse essen als Deutsche – 26,4 Kilogramm pro Kopf im Vergleich zu 23,93 Kilogramm in Deutschland – und sich weniger häufig auswärts bekochen lassen als unsereins.
Bei einem Pro-Kopf-Verbrauch von 42 Litern Wein kann jedoch nur die deutsche Bierlust dem alkoholisierten Traubensaft den Rang ablaufen.
Wie gut, dass Vielfalt geboten ist und zum Beispiel an Frankreichs Atlantikküste regionale Produkte im Vordergrund stehen. Angefangen vom baskischen Schafskäse „Ardi Gasna“, den Bioweinen aus der Domaine Saint Nicholas bis hin zu edlen Tropfen aus Bordeaux und dem Loiretal oder süßen Delikatessen wie Canelés und den muffinähnlichen „Pastis Landais“.
Und übermorgen überraschen wir Sie mit weiteren 6 Klischees und Vorurteilen. Bleiben Sie neugierig.
Fotos: Madeira: Trail-Running ©Lokoloko / Tokyo: Shibuya-Crossing ©Tokyo-Convention-&-Visitors-Bureau / North-Dakota: ©North-Dakota-Tourism / Ottawa: ©Destination-Canada / Bienenhonig: ©Courtyard-by-Marriott-Oberpfaffenhofen / Florida: Caverns, Marianna ©Dorothy-Thames