Auf der „Mein Schiff 6“ transozean von Kapstadt nach Singapur… mit einem Bass spielenden Kapitän, Vögel, die im Flug schlafen, und Knoblauch im Maschinenraum. Hier unser Reisebericht.

“Gehen Sie auf einen Ausflug morgen?”
“Ausflug? Ich habe nicht Mauritius gebucht! Ich habe das Meer und das Schiff gebucht …”

Von Kapstadt nach Singapur: Mehr vom Meer, foto Müssig, Kreuzfahrt, Schiffsreise, Transocean, Mein Schiff 6Der Dialog zwischen zwei Passagieren spricht Bände: Bei einer Transozeanreise geraten die Stopps in den Hintergrund. Die Leute wollen mehr vom Meer und mehr Zeit auf dem Schiff.

Bei Reisen mit der “Mein Schiff” kein Problem: Meer, Essen und Trinken sowie die vielfältige Bordunterhaltung sind im Preis inklusive – nur die Ausflüge nicht, aber die stehen bei vielen ja auch gar nicht so im Vordergrund.

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Kapstadt
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Kuala Lumpur

Auf der 19-tägigen Kreuzfahrt durch den Indischen Ozean stehen zwischen Kapstadt und Singapur lediglich fünf Häfen auf dem Fahrplan: Gqeberha (früher Port Elizabeth), Mauritius, La Réunion, Langkawi und Kuala Lumpur.

Von Kapstadt nach Singapur: Mehr vom Meer, foto Müssig, Kreuzfahrt, Schiffsreise, Transocean, Mein Schiff 6Dementsprechend gibt es 12 Seetage, die viele Gäste, mit Hut und Sonnencreme, auf den rund 1.800 Liegen verbringen, bevorzugt natürlich rund um den großen Pool, der mit 25 m zu den längsten Becken auf Kreuzfahrtschiffen gehört. Der zweite Pool wird von Familien mit Kindern bevorzugt.

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Sonnendeck

“Was machst du da den ganzen Tag?”, wurde ich vor der Reise von Freunden gefragt. “Aufs Meer starren?” Ja, das passierte oft und stundenlang.

Am besten direkt über dem Bug in Fahrtrichtung. Das Spiel der Farben im Meer und Himmel beobachten, die Wolken vorbeiziehen sehen, die Schäfchenwolken, die Schmierwolken und manchmal auch dunkle Regenwolken.

Dann raut die See auf, Schaumkrönchen entstehen und man schätzt die Höhe des Wellengangs. Es sind ja die Wolken, die das Meer kolorieren.

Bei dichter Bewölkung dringt auch mal ein Sonnenstrahl durch und beleuchtet das Meer mit einem Lichtspot wie von einer riesigen Taschenlampe.

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Balkonkabine

Schiffe entdecken

Dann taucht am Horizont ein Cargo-Schiff auf: Wie ist sein Name? Welche Route fährt es?

Das Internet-Paket macht‘s auch auf hoher See möglich, diese Fragen zu beantworten, es sei denn man ist gerade im Whirlpool und wartet auf den nächsten Dampfer.

So kann man auch Diego Garcia entdecken, das nach Landfläche größte Atoll des Chagos-Archipels, des letzten verbliebenen Teils Britischen Territoriums im Indischen Ozean. Die USA haben die Insel bis 2036 gepachtet.

Ein weitgehend unbekannter Platz mitten im Indischen Ozean, der ausschließlich militärisch und geheimdienstlich genutzt wird.

Die “Mein Schiff” fuhr nur etwa 300 Seemeilen an diesem Atoll vorbei und ein Hauch von James Bond wehte an Bord.

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Überschaubar

Ein Drink und Lektüre

Zwischendurch darf ein kühles Bierchen oder einen Mai Tai nicht fehlen und schnell ist man wieder weg von Militär- und Agenteninseln und denkt daran, wie alles wohl früher war: Nur mit Segel, Hängematte, schlechtem Essen und manchmal ganz ohne Wind …

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Tuibar

Zur Aufklärung ist Hermann Melville nützlich: “Ahab, der Kapitän” und “Der weiße Wal”. Jugendlektüre. Herrlich! Langeweile sieht jedenfalls anders aus. 95 % im Fernsehen ist langweiliger.

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Äquatortaufe

Heute ist die Äquatortaufe ein Klamauk, wenn Neptun den Initiationsritus vollzieht. Jedes Besatzungsmitglied war früher dran: Dabei wurde der Täufling von (einem verkleideten) Neptun gereinigt, nachdem er zuvor mit Fischöl und anderen stinkenden Substanzen eingeseift wurde. Manchmal wurde er sogar geteert!

Der Brauch hat seinen Ursprung in der Zeit der Entdeckungsreisen der Portugiesen, die beim Überschreiten des damals gefürchteten Äquators ihren Mut durch eine Taufe bekräftigen wollten.

Heute ist die Äquatortaufe ein Klamauk, wenn Neptun den Initiationsritus vollzieht. Jedes Besatzungsmitglied war früher dran: Dabei wurde der Täufling von (einem verkleideten) Neptun gereinigt, nachdem er zuvor mit Fischöl und anderen stinkenden Substanzen eingeseift wurde. Manchmal wurde er sogar geteert!
Kreuzfahrtkapitän Jan Rautawaara

“Ich spiele der Neptun nicht mehr”, erzählt Kreuzfahrtkapitän Jan Rautawaara. “Das bedeutet zwei Stunden Spalier stehen, bis ich allen Gästen die Hand geschüttelt habe …”

Die Passagiere bekommen natürlich auch weder weder Fischöl noch Senf, sondern dürfen Neptunsblut und Algenglipper trinken.

“Bei uns sind das Cranberry-Saft mit etwas Tabasco sowie Chia-Samen-Wasser”, erklärt Hotelmanagerin Constanze Rauch. “Schmeckt lecker”“

Die Gäste greifen fleißig zu und die entsprechende Urkunde für die Äquatorüberquerung bekommen sie am Abend druckfrisch mit Namen, Datum und Koordinaten in die Kabine geliefert. Die meisten Gäste haben die Überquerung gar nicht mitbekommen: Es war um 4.53 Uhr morgens …

Aberglauben

Auch den Aberglauben gibt es im 21. Jahrhundert vereinzelt noch. Der Kapitän winkt ab, Staff Captain Frank Wolke auch, aber bei Margarites Karystinos, 49 Jahre alt und Chef-Ingenieur an Bord, werden wir fündig: “Knoblauch wehrt schlechte Einflüsse ab und bringt viel Glück. Die Seefahrt ist nun mal sehr altmodisch”, sagt er, “und wir griechischen Seefahrer glauben an viele dieser altmodischen Gepflogenheiten.”

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Margarites Karystinos

Dabei spielt es keine Rolle ob ein Knoblauch oder zehn im sonst so sterilen Kontrollraum an höchster Stelle platziert sind: Er muss einfach nur da sein.

Irgendwann spürt man, wie das Schiff, das mit Mofa-Geschwindigkeit durch den Ozean gleitet, langsam in die Tropen fährt: Die Balkontüre ist offen, schwül-warme Luft dringt ein und die Spiegel beschlagen.

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Anckelmannsplatz

Koch Janek Hoffmann, erst seit ein paar Monaten an Bord, merkt das in seiner klimatisierten Küche, in der er weitgehend ohne Außenkontakt arbeitet, natürlich nicht, wie man es auch im Flugzeug nicht mitbekommt. “Aber ich spüre die Wellen, so ab drei Meter”.

Eintönig, aber nein!

Das Schiff fährt und fährt, ein bisschen wie in Zeitlupe. Aber Eintönigkeit? Nein! Das Meer ist nie eintönig.

Es ist immer so, als könnte gleich alles Mögliche passieren. Vielleicht begegnet uns ein anderes Kreuzfahrtschiff. Vielleicht bläst auch mal ein Wal. Kapitän Ahab lässt grüßen …

“Aber Wale haben ein sensibles Gehör und ziehen sich zurück, wenn große Schiffe kommen”, weiß Rautawaara.

Von Kapstadt nach Singapur: Mehr vom Meer, foto Müssig, Kreuzfahrt, Schiffsreise, Transocean, Mein Schiff 6Und die Vögel, die mitten im Ozean auf einmal das Schiff begleiten, wo doch meilenweit kein Land in Sicht ist, erklärt der finnische Kapitän als Sturmvögel, die außerhalb der Brutzeit ihr ganzes Leben auf hoher See verbringen und in der Lage sind, auch mit schwersten Wetterbedingungen zurechtzukommen. Die Kerle schlafen sogar im Flug. Ihr Gefieder ist schließlich nicht wasserabweisend.

Transozeanfahrten

Transozeanfahrten sind häufig nicht ausgebucht. Auf der Fahrt von Kapstadt nach Singapur waren rund 2.100 Gäste an Bord, gut 400 Passagiere weniger als bei Vollbelegung, was der sowieso schon guten Passagier-Raum-Zahl von 40 nochmals guttut.

Die Passagier-Raum-Zahl wird errechnet, indem man die Schiffsgröße durch die maximale Passagierzahl dividiert. Je höher diese Zahl, umso besser ist es für die Passagiere.

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Tag & Nacht-Bistro

Auch einen 24-Stunden-Betrieb hat die “Mein Schiff”, nicht nur auf der Brücke und im Maschinenraum. Irgendwelche dienstbaren Geister sind stets unterwegs, so auch im “Tag & Nacht Bistro”, wo man nach der Party am Pooldeck noch eine Currywurst oder einen Hamburger bekommt, egal um welche Uhrzeit.

Nach den Partyhits der 80er, 90er und von heute keine schlechte Idee. Da greift übrigens auch Kapitän Rautawaara in die Saiten und spielt gekonnt die Bass-Gitarre: ob bei “Jump” von Van Halen, “Beat it” von Michael Jackson oder “Highway to Hell” von AC/DC.

Von Kapstadt nach Singapur: Mehr vom Meer, foto Müssig, Kreuzfahrt, Schiffsreise, Transocean, Mein Schiff 6Zu “Suspicious Minds” von Elvis Presley nimmt dann auch noch der General Manager stimmgewaltig und professionell das Mikro in die Hand: Benjamin Witthoff singt die eigentliche Lead-Sängerin in Grund und Boden.

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Im Whirlpool der Abendsonne entgegen …

Die Reise-App an Bord trägt an jedem Tag, an dem man nichts gebucht hat – ob nun einen Tanzkurs oder die Verjüngungskur mit Soforteffekt (105 Minuten für 199 Euro) – leicht vorwurfsvoll ein: “Sie haben heute noch nichts vor.”

Gut so, denn will man auf einer Transozeanreise mit so vielen Seetagen nicht einfach mal seine Ruhe und den Blick in die blaue Unendlichkeit von Meer und Himmel genießen?

Von Kapstadt nach Singapur: Mehr vom Meer, foto Müssig, Kreuzfahrt, Schiffsreise, Transocean, Mein Schiff 6Wer allerdings etwas vorhaben möchte, findet im Tagesprogramm, das ganz nostalgisch immer noch am Vorabend gedruckt in die Kabine gelegt wird, Angebote für tagsüber oder am Abend.

Highlights sind zum Beispiel die Abba-Show, die White Night, wenn alle in Weiß gekleidet sind und gefeiert wird, sowie die Äquatortaufe.

Auf der Rückfahrt von Singapur nach Kapstadt vom 7. bis 26. Mai wird auch Dieter Hallervorden mit an Bord sein. Aber das Beste von allem ist und bleibt das Mehr vom Meer.

Info: Preise ab 1.399 Euro in der Innen- und 1.949 Euro in der Balkonkabine, jeweils pro Person, ohne Flug.

 

Text: Jochen Müssig
Fotos: Jochen Müssig

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