“Oh ihr, die ihr glaubt: Der Wein und das Glückspiel…..sind ein Gräuel und  Teufelswerk. Meidet es, auf dass es euch wohl ergehe.” Die Worte des Koran sind für fromme Muslime Gesetz. Für sie ist Wein, wie jeder Alkohol, strikt verboten. Burak Özkan ist Muslim, er lebt in einem islamischen Land, in einem recht konservativen Teil der Türkei sogar. Und er trinkt nicht nur Wein – er baut ihn sogar an. Hier unser Bericht über einen besonderen Menschen und seinen Wein.

Burak Özkan ist einer der wenigen privaten Winzer in der Türkei: ein Weinbauer, der edle, auch international vielfach ausgezeichnete Tropfen produziert. So fein und (bei ausländischen Kunden) begehrt seine Weine auch sind – Özkan hat gegen viele Gegner zu kämpfen: gegen strenggläubige Nachbarn, gegen die fromme Regierung in Ankara, gegen nationale Werbverbote und horrende Alkoholsteuern.

Türkischer Wein aus Elmali bei AntalyaTürkischer Wein aus Elmali bei Antalya
Hoch oben in den Bergen von Elmali liegen die Weinberge von Burak Oezkan. Von der Lykia Terrasse haben Gäste einen wunderschönen Blick über die Rebflächen.

Trotz allem halten Burak Özkan und sein in Elmali bei Antalya gelegenes “Likya”-Weingut durch – dank treuer einheimische Kunden, ausländischer Touristen und Absatzmärkten außerhalb der Türkei, die er auch in Deutschland gefunden hat.

In die Zukunft mit Hintergrundinfos

Der Weinbau in den Ausläufern des Taurus-Gebirges hat Tradition, schon vor  4000 Jahren pflanzten dort die Hethiter Reben an, gefolgt von Griechen und Römern. Mit dem Islam geriet die Kunst des Weinbaus in Vergessenheit.

“Was vor 25 Jahren da und dort noch produziert wurde”, weiß Özkan, “konnte man nicht trinken.” Als er 1998 beschloss, es selbst zu versuchen, sammelte er erstmal Daten: Taugt das Klima wirklich für den Weinbau, welche Reben gedeihen am besten, was muss ein guter Winzer lernen, um guten Wein zu machen?

Türkischer Wein aus Elmali bei AntalyaTürkischer Wein aus Elmali bei Antalya
Burak Özkan in seinem Weinkeller

Özkan ging die Wetterdaten der letzten 20 Jahren durch, und siehe da: Das Klima ist fast ideal. Auf 1000 Meter Meereshöhe ist es tagsüber oft 40 Grad heiß, nachts stürzen die Temparaturen nicht selten auf gerade mal zehn Grad ab.

Türkischer Wein aus Elmali bei AntalyaTürkischer Wein aus Elmali bei Antalya
Traubenlese in Almali

“Diesen heftigen Wechsel liebt der Wein”, sagt Özkan, “und Reben der Sorten Cabernet Sauvignon, Shiraz, Açikara und Boğazkere  mögen ihn ganz besonders”.

Ein Jahr später wurden die ersten Rebstöcke gepflanzt, und Özkan ging auf Wanderschaft. Er studierte Weinbau in England, sammelte Erfahrungen in Chile und Argentinien, ließ sich von europäischen Experten vor Ort in Elmali beraten.

Die technische Ausrüstung bestellte der frischgebackene Winzer in Deutschland, seine Pressen in der Schweiz, die Abfüllanlage in Italien, die Weinfässer kommen aus den Wäldern Frankreichs.

“Wir produzieren hier nach modernsten internationalen Standards”, sagt Özkan stolz – und zumindest ideell hat sich der Aufwand gelohnt.

Prämierte Qualität

150 Medaillen hat Özkan, der erste Winzer an der ganzen türkischen Mittelmeerküste, mit seinen Weinen inzwischen in Frankreich, Großbritannien und Italien gewonnen.

Türkischer Wein aus Elmali bei Antalya
Buchstäblich handverlesen sind die Trauben für Özkans beste Weine

Aus 40.000 Flaschen, die seine Weinberge in den ersten Jahren hergaben, sind inzwischen 500.000 geworden.

Rot- und Weißweine halten sich in etwa die Waage, “weil die Touristen im Sommer vor allem Weißen und im Winter lieber Roten trinken.”

Der Winzer hat schon einiges erlebt und auch schwere Rückschläge einstecken müssen.

In den Jahren nach dem gescheiterten Putsch 2016 und während der Corona-Epidemie, in denen die Türkei deutliche Einbrüche im Tourismus erlitt, erwischte es auch Özkan heftig:

„Die Deutschen, die Wein gern mögen, sind damals weitgehend weggeblieben. Die Russen sind zwar wieder gekommen, doch die trinken keinen Wein, sondern Wodka”.

Türkischer Wein aus Elmali bei Antalya
Winzer Özkan ist stolz auf die vielen Auszeichnungen, die er uns seine Weine erhalten haben.

50 Prozent Umsatz sind dem türkischen Winzer zeitweise weggebrochen, der nur einen Teil davon durch Verkäufe seiner Weine an Supermarktketten wie Metro und Carrefour wettmachen konnte.

Zwar haben viele gute (und teure) Restaurants zwischen Alanya und Bodrum Likya-Weine auf der Speisekarte, “doch leben können wir davon so wenig wie von den exclusiven Hotels, die unsere Produkte kaufen”, sagt Özkan.

Die meisten All-inclusive-Häuser an der Küste schenken Billig-Wein aus dem Container aus, und den würde Özkan niemals herstellen. Also versucht er, mehr im Ausland abzusetzen.

Ein paar feine Restaurants in Paris und Berlin hat er schon als Abnehmer gewonnen, in Deutschland können Privatkunden Likya-Weine inzwischen online via www.weinatolien.de bestellen.

Schwierige Bedingungen

Leicht gemacht wird Özkan das Geldverdienen so oder so nicht. Zwar hat der anfängliche Widerstand der Leute in Elmali merklich nachgelassen. Mit frommen Nachbarn hat er schon lange keine Schwierigkeiten mehr gehabt, denn “viele Leute verdienen ja ihr Geld in meinen Weinbergen, und eine Menge Bauern verkauft mir Trauben von ihren Feldern”.

Türkischer Wein aus Elmali bei AntalyaTürkischer Wein aus Elmali bei AntalyaDoch das wirtschaftliche und politische Umfeld ist hart: Dass der Staat von jeder verkauften Flasche Wein satte 50 Prozent Steuern kassiert und die Inflation in diesem Jahr auf irrwitzige 80 Prozent angestiegen ist, würde allein schon reichen, um Unternehmer verzweifeln zu lassen.

Die Regierung Erdogan aber, die den Türken die Lust auf Wein, Bier und Raki gründlich verderben will und Alkohol deshalb mit immer höheren Abgaben belegt, legt noch einige Schippen drauf: Werbung für Alkohol im Fernsehen, im Radio und in Zeitungen ist strikt verboten, auch online darf Burak Özkan in der Türkei direkt nichts verkaufen.

Organisierte Ausflüge in sein Weingut sind nicht erlaubt; selbst Weinfeste, die in der Vergangenheit viele Besucher und auch ein bisschen Geld nach Elmali gebracht hatten, sind inzwischen verboten.

Kostendeckend zu arbeiten, ist für Burak Özkan schwer. Dass sein Engagement lohnend und wichtig ist für die lokale Wirtschaft, dass gute heimische Weine auch eine gute Reklame für den türkischen Tourismus sind, steht für den Winzer außer Frage. “Dass das die Regierung nicht nutzt und uns stattdessen das Leben schwer macht, kann ich nicht verstehen.”

Hintergrund-Infos:

Das Likya-Weingut in Elmali ist ca. zwei Autostunden von Antalya entfernt. Besucher sind willkommen.

Voranmeldung unter info@likyawine ist ratsam, ebenso die Fahrt mit einem Mietwagen (wir empfehlen www.denizhanrentacar.com mit günstigen Autos und verlässlichem Service).

Da Elmali im heißen türkischen Sommer ein angenehmes Klima hat und in der pittoresken Altstadt mit vielen Sehenswürdigkeiten lockt, kommt auch eine Übernachtung dort in Frage.  Einfach, aber gut und günstig sind das Arzu oder das Akca Hotel.

Burak Özkans Weine können auch in Deutschland bestellt werden bei www.weinatolien.de

 

Text: Joachim Hauck
Fotos: Joachim Hauck

 

 

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