Wer glaubt, dass Fingerfood eine Erfindung unserer Zeit ist, irrt gewaltig … denn hier finden Sie eine kleine Geschichte zum Trend zu kleinen Mahlzeiten. Snacks, Sandwich, Eat-To-Go und Hand-Held-Food unterstützen uns in hektischen Zeit.
Der vierte Earl of Sandwich hat die kleine Mahlzeit zwischendurch schon im 18. Jahrhundert für sich entdeckt und hoffähig gemacht. Als passionierter Kartenspieler soll er nur ungern seinen Spieltisch verlassen haben. So pflegte er zwei geröstete Weißbrotscheiben mit Belag zu bestellen. Das scheint ihm bekommen zu sein, denn er wurde 74 Jahre alt.
Das Wort “Snack” stammt aus dem Englischen und bedeutet Imbiss oder kleine Mahlzeit. Im Wörterbuch der deutschen Sprache findet man zu Snack “mit den Zähnen fassen” bzw. zu snacken “schnappen” eine kleine Mahlzeit, einen Imbiss einnehmen.
Kanapee, auch Canapé, heißt eine geröstete, pikant belegte Weißbrotscheibe, die man als “Urmutter” der Snacks bezeichnen kann. Die reich garnierte Weißbrotscheibe hat sich den Umständen der Zeit angepasst, wurde weiterentwickelt und international.
Auch das Wort “Fast Food” stammt aus dem Englischen und bedeutet einfach nur “schnelles Essen”.
Begleitet und verstärkt wurden die neuen Essgewohnheiten durch einen tief greifenden Wandel der Gesellschaft.
Singlehaushalte lösen die typische Familienstruktur der 50er und 60er Jahre mit einer nicht berufstätigen Hausfrau ab. Kein Wunder, dass viele zu schnellen TK-Pizza greifen.
Immer neue Trends
Verschiedene Trends prägten die Ernährungsgewohnheiten seit der Nachkriegszeit: Die zunehmende Industrialisierung und Rationalisierung in der technischen Produktion hat sich auf die Methoden der Lebensmittelerzeugung ausgewirkt.
Industrielle Produktionsweisen, neue Kühltechniken, der Einsatz von Nahrungszusatzstoffen revolutionierten das Lebensmittelangebot.
In den 50er Jahren sind die entbehrungsreichen Nachkriegsjahre samt Hungersnot vorbei und es gibt wieder Butter und Fleisch auf dem Tisch.
Erste Fertigprodukte, wie bunte Dosenfrüchte zaubern liebevoll dekorierte Appetithäppchen und man gönnt sich auf Partys so genannte “Snacks”: die Partygäste erfreuen sich an Kullerpfirsich, Russisch Ei, Käseigel und Toast Hawaii.
Während der 60er Jahre wecken Urlaubsreisen zu den europäischen Nachbarn den Appetit auf “Exotisches”.
Baguette, Camembert, französische Zwiebelsuppe und Pommes frites werden interessant und die Leute kochen nach, was sie im Urlaub gegessen haben.
Durch die Weiterentwicklung in der Küchentechnik entstehen neue, praktische Elektrogeräte. In den Küchen wird frittiert, überbacken, ausgepresst und getoastet.
In den 70ern gewinnt zum einen das Gesundheitsbewusstsein an Bedeutung und die Liebe zur französischen Küche erreicht ihren Höhepunkt. Bei Festen in geselliger Runde bevorzugt man Fleischfondue.
In den 80er Jahren nehmen die Produktbereiche Convenience und Fast Food neue Formen an: TK-Produkte wie Hamburger werden in Verbindung mit TK-Warenautomaten mit integrierter Mikrowelle geliefert. Hier fließen erste Überlegungen mit ein, den Snack an sich als Zwischen- oder Hauptverpflegung auszubauen.
Heute geht man zum Ursprung zurück: Zu den beliebten Snacks zählen Backwaren, die zu jeder Tages- und Nachtzeit gerne verzehrt werden. Verkaufstheken mit duftenden, knusprig-frischen Backwaren locken die Verbraucher: Bei über 300 Brotsorten und mehr als 1.200 Sorten Kleingebäck und feinen Backwaren fällt die Auswahl schwer.
Fleisch… und mehr
Zu den typischen Fast Food-Gerichten zählt ein buntes Sortiment: unterschiedlich belegte Burger, Würste in allen Variationen und mit verschiedenen Saucen, internationale Gerichte und belegte Brötchen.
Zu den Fast Food-Klassikern zählt nach wie vor auch die beliebte Currywurst: Lecker gebraten, in Scheiben geschnitten und mit einer scharf-pikanten Curry-Ketchup-Sauce – ob im handlichen Schälchen oder auf dem Teller, immer ein Genuss.
Ein allseits beliebter Snack der Deutschen ist die Pizza: vegetarisch, mit viel oder wenig Gemüse, einer oder vier Käsesorten, groß oder klein. In jedem Stadtteil gibt es Pizzadienste, die den Kunden bis spät in die Nacht alle Wünsche erfüllen.
Auch Pommes isst jeder gerne: ob rot oder weiß, als Beilage oder schnell in der Hand.
Nicht zu vergessen – der Hamburger: Lecker garniert mit Salatblatt und Gurke schmeckt die Frikadelle zwischen Sesam-Brötchen-Hälften. Das gewisse Extra bekommt er durch eine Scheibe Käse und wird zum Cheeseburger.
Warum nur so beliebt?
Immer mehr Menschen möchten kleine und schnelle Mahlzeiten über den Tag verteilt einnehmen.
Außerdem kochen allein lebende Senioren oder Singles nur ungerne für sich selbst. Oft wird der Aufwand der Zubereitung einer Mahlzeit für unverhältnismäßig hoch eingestuft.
Der Schnellimbiss liegt vielleicht günstig auf dem Weg nach Hause, um einen kurzen Stopp einzulegen. Zudem hat der Imbiss oder die Tankstelle meist lange Öffnungszeiten, so dass die Gelüste rund um die Uhr befriedigt werden können.
Kurze Warte- und Esszeiten sind eher die Regel, so dass der eilige Mensch von heute schnell was essen kann: „time is money“, heißt es immer. Die Qualität der angebotenen Gerichte ist standardisiert und annähernd gleich bleibend.
Der gelegentliche Genuss von Fast Food schadet sicher nicht. Ernährt man sich aber vornehmlich von Angeboten aus der Fast Food-Küche, so ist diese Ernährungsform nicht gerade gesundheitsfördernd und kann auf Dauer zu einem Mangel an speziellen Nährstoffen sowie zu Übergewicht führen. Also ist Abwechslung angesagt.
Trends des 21. und 22. Jahrhundert
An der Art und Weise, wie wir uns ernähren, kann man den Wandel der Zeiten erkennen: Zwischen dem in der Sippe lebenden Jäger und Sammler und dem Single, der sich nach dem Bürojob ein Fertiggericht in der Mikrowelle oder dem Backofen erwärmt, liegen Jahrtausende Menschheitsgeschichte.
In den letzten 100 Jahren ist auch das Wissen um Ernährung und Gesundheit immens gestiegen.
Der Bedarf an täglicher Nahrung hat sich grundlegend geändert. Körperlich schwere Arbeit ist in der westlichen Welt rar geworden. Der Mensch von heute arbeitet überwiegend im Sitzen und verbraucht daher viel weniger Energie.
Auch das veränderte Gesundheits- und Körperbewusstsein lässt viele Menschen auf die Kalorienzufuhr achten.
Leichte Snacks für zwischendurch, kalorienreduzierte Schnellgerichte oder ballaststoffreiche Salate lösen schwere, fette Mahlzeiten ab.
„Functional Food“ heißt eine neue Generation von Nahrungsmitteln: Die Produkte erhalten einen Zusatznutzen, der z. B. Krankheiten vorbeugen soll.
Gesund und bunt
Daher ist man in jüngster Zeit schon wieder dabei, gesunde Alternativen auf den Markt zu bringen: Das Hand Held Food ist klein im Format und vielseitig in der Präsentationsform – nicht nur etwas für eilige Großstädter.
Darunter wird Essbares in Form mundgerechter, wohlgeformter Häppchen zusammengefasst, die mit einem Bissen ohne Messer und Gabel überall eingenommen werden können – auch im Stehen oder Gehen.
Experten sehen Hand Held Food als Weiterentwicklung von Fingerfood und Fast-Food-Strategien. Viele der heute angebotenen Hand Held Food-Produkte wurden kulinarisch aus den Küchen der Welt beeinflusst.
Asiatischen Ursprungs sind z. B. Frühlingsrollen und Dim Sum aus China, die japanische Sushi-Welt in ihren Variationen oder die thailändischen Satayspieße.
Aus Indien stammen die Samosas – würzige Kartoffeltüten, afrikanischer Prägung hingegen sind z. B. Falafel.
Mexikanisch bzw. südamerikanisch sind etwa Mini-Burritos mit Avocado-Füllung, Tortillas, Flautas, gewürzte Geflügel-Schnipsel oder gefüllte Jalapeños.
Auch Europa hat einige Vorbilder in Sachen Hand Held Food zu bieten. Aus Spanien kommen die Tapas-Bars in die Städte.
Hand Held Food europäischer Art ist vor allem mit Brot und Backwaren verbunden. Hier kommt wieder die „Urmutter“ ins Spiel. Ob rund, im Recht- oder Dreieck, groß oder klein – es lässt sich prima kreativ belegen und variieren.
Das Ergebnis sind belegte Sandwiches, Brötchen oder Brezel sowie knusprige Focaccia, Tramezzini oder Ciabatta aus Italien.
Text: Annemarie Heinrichsdobler / Elke Klukowsky
Fotos: G&R Redaktionsarchiv / Colourbox / Heinrichsdobler