Es ist wohl eines der sichersten Länder, in das Touristen reisen können, sobald die Corona-Beschränkungen aufgehoben sind. Südkorea, das anfangs hart von Covid-19 getroffen wurde, hat in der Krise jedoch schnell und effektiv reagiert und den Virus weit früher als andere Staaten in den Griff bekommen. Unser Autor Joachim Hauck hat für Sie Vor-Ort-Recherche betrieben.
HighTech und die Disziplin der Menschen haben Südkorea nicht nur zum Vorbild in Sachen Corona-Bekämpfung gemacht. Längst ist das Land, das noch vor wenigen Jahrzehnten zu den ärmsten der Welt gehörte, zu einem der erfolgreichsten asiatischen Tigerstaaten geworden.
Konzerne wie Hyundai, Samsung und LG kennt auch in Europa jedes Kind, das Reiseland Korea indes ist hierzulande eher unbekannt.
Gerade mal 120 000 deutsche Gäste zog es 2018 auf die Halbinsel zwischen dem Gelben und dem Japanischen Meer – ein Klacks gegen 15 Millionen Touristen aus den asiatischen Nachbarländern, die Korea schon lange als reizvolles Urlaubsziel entdeckt haben.
Byeong-Cheol Gang, der gern deutsche Besucher durch sein Land führt und sich von seinen Gästen angesichts unaussprechlicher koreanischer Namen lieber gleich „Charlie“ nennen lässt, kennt die unterschiedlichen Vorlieben der Korea-Urlauber. „Chinesen und Japaner kommen vor allem zum Shoppen, sie kaufen wie die Verrückten Klamotten, Mobiltelefone und Modeschmuck.“
Europäer reisen zur Freude von Charlie, der auch für den deutschen Veranstalter Gebeco arbeitet, vor allem viel durchs Land. Eher selten zu den schönen Badestränden der Ferieninsel Jejodu, weil Korea nur zum Baden viel zu schade wäre.
Weit häufiger geht es in die Zentren der reichen Kultur des Landes, die in einem krassen, gleichwohl reizvollen Gegensatz zum Korea unserer Tage steht.
Alte Königspaläste vor Wolkenkratzern und buddhistische Tempel neben achtspurigen Schnellstraßen – spannender kann ein Nebeneinander von Alt und Neu, von Tradition und Moderne kaum sein.
Die Tradition – das ist zum Beispiel die prächtige Residenz Gyeongbokgung der alten koreanischen Herrscher.
Täglich gegen 10 Uhr geht im „Palast der Strahlenden Glückseligkeit“ ein aufwendig-farbenprächtiger Wachwechsel der Garde über die Bühne.
Besucher, die sich in ein klassisches Kostüm werfen, das in den Läden ringsum gemietet werden kann, zahlen für das Spektakel kein Eintrittsgeld.
Sie dürfen damit auch durch die verwinkelten Gassen des nahen Bukchon Hanok bummeln, das einst königlichen Hofbeamten als vornehmes Refugium diente.
In ihre Villen sind wohlhabende Koreaner eingezogen, die daran nicht immer ihre reine Freude damit haben, weil das traumhaft schöne Viertel oft von lärmenden Touristen heimgesucht und geradezu überrannt wird.
Tradition – das sind zahllose Sehenswürdigkeiten wie das alte Fort Suwon Hwaseong in Seoul oder die Stadt Gyeongju, die als Zentrum der mächtigen Silla-Dynastie nicht zufällig das Nationalmuseum Koreas und den grandiosen Bulguksa Tempel beherbergt.
Solche Highlights sind in jedem Reiseführer zu finden, um Geheimtipps abseits der Touristenpfade zu entdecken, braucht es Guides wie Charlie.
Der bringt seine Gäste beispielsweise in Seoul zu Meister Kum Bak Yeon, der in seiner Werkstatt wertvolle traditionelle Gewänder herstellt und ins Korea House, das Theater, Tänze und Musik aus vergangenen Jahrhunderten pflegt.
In Busan geht es mit Charlie zur Reiswein-Meisterin Dana Kim, die gemeinsam mit ihren Besuchern Makgeolli, eine milde koreanische Schnapsspezialität braut.
Gut geeignet für fortgeschrittene Korea-Reisende ist das Programm „templestay“, das Touristen am buddhistischen Klosterleben teilnehmen lässt.
Im Tempel von Beopjusa etwa nehmen die Mönche für rund 50 Euro pro Tage Besucher auf.
Die Gäste stehen morgens um 3 Uhr zum ersten Gebet mit den Mönchen auf, decken mit ihnen den Tisch und waschen Geschirr ab. Spätestens um 21 Uhr löschen sie das Licht in ihrer Kammer. Geschlafen wird dann auf einfachen Matratzen auf dem Boden; statt Fleisch gibt’s Gemüse, statt Bier nur Wasser und Tee.
Hunderttausende, meist Koreaner, sind jedes Jahr beim “templestay” dabei.
“Sie genießen die Zeit bei uns”, sagt Mönch Jl-O, “und freuen sich, dass sie hier endlich mal zur Ruhe kommen.”
Wie wichtig und schwierig das in Südkorea ist, weiß Jl-O nur zu gut – schließlich ist der Mittvierziger vor Jahren ins Kloster eingetreten, weil ihm der Job als Kameramann beim Fernsehen zu stressig war.
Korea ist sicher und einfach zu bereisen
Das moderne Korea – das sind HighTech, Wolkenkratzer mit Büros, Hotels, Restaurants und teuren Appartements.
Sich im Land zu bewegen, ist einfach und komfortabel: Das Netz von Bussen und Bahnen steht dem europäischer Städte in nichts nach. Die Autobahnen sind besser in Schuss, die Hochgeschwindigkeitszüge schneller und pünktlicher als in Deutschland.
Südkorea mischt nicht nur wirtschaftlich ziemlich weit vorne mit: Boygroups wie BTO bringen Teenager in aller Welt zum Kreischen, der Film “Parasite”, made in Korea, hat in den USA gerade einen Oscar eingeheimst.
In ihrer eher knappen Freizeit gehen Koreaner liebend gern gut essen, und singen in Karaoke Bars. Ihre Hunde führen sie (weil die Stadt kein guter Platz für Vierbeiner ist) in spezielle Dog-Cafes aus.
Oder sie bummeln über einen der zahllosen Märkte des Landes im alten Zentrum von Seoul beispielsweise, wo Tausende kleiner Geschäfte um die Gunst der Kunden buhlen.
Beliebt sind die Märkte auch bei Touristen, denen die südkoreanische Tourismusbehörde Einkaufsgutscheine für 20 000 Won (umgerechnet etwa 15 Euro) in die Hand drückt.
Der Bonus soll kleinen Händlern helfen, halbwegs gegen die Kaufhausriesen des Landes bestehen zu können. Tatsächlich ist die Konkurrenz übermächtig: Seoul etwa hat mit dem “Shinsegae” vor ein paar Jahren die flächenmäßig größte Shopping Mall der Welt bekommen.
Gutscheine und Geld wird man in den engen Gassen des Markts von Namdaemun blitzschnell los, und ohne ein paar Pfund mehr auf den Rippen kommt man selten heraus.
Aus Hunderten Garküchen, Grillständen und Imbissständen dampft, raucht und riecht es.
Über 100 Sorten Kimchi (eine Art Sauerkraut aus Chinakohl), jede Menge Mandu (asiatische Maultaschen), Bulgogi (auf offenem Feuer gebratenes Schweine- oder Rindfleisch) und natürlich Bibimbap (das Nationalgericht aus Reis, Gemüse und roter Chilipaste) gehen über die Theken.
Gegessen wird auf engen Bänken in und vor den Küchen, dazu gibt’s ein Gläschen Reiswein oder -schnaps.
Ein trauriges Stück Geschichte
Und dann ist da noch ein trauriges Stück Moderne: Die Grenze zu Nordkorea mit Todestreifen, Stacheldraht und schwerbewaffneten Soldaten. Sie trennt das demokratische Korea und den Staat des Steinzeitkommunisten Kim Yong-un.
Am Ende des Korea-Krieges entlang des 38. Breitengrades gezogen, markiert die Demilitarisierte Zone die Waffenstillstandlinie von 1953. Vier Kilometer breit und 248 Kilometer lang ist die Pufferzone, schätzungsweise eine Million Soldaten stehen sich diesseits und jenseits der DMZ gegenüber.
Wachtürme, Panzersperren und zehntausende Minen durchziehen das Niemandsland, das seit fast sieben Jahrzehnten kein Mensch mehr betreten hat.
Mag sich US-Präsident Donald Trump noch immer damit brüsten, bei seinen Gipfeltreffen mit Diktator Kim Brücken gebaut zu haben, an der Grenze ist davon nichts zu sehen und zu spüren.
Vor wenigen Wochen erst ist auch ein grenzüberschreitendes Projekt des deutschen Reiseveranstalters Gebeco gescheitert. Der bietet seit Jahren Touren in beide Koreas an, doch wer bei einer Reise beide Ländern kennenlernen will, muss immer einen Umweg über China in Kauf nehmen.
Im Oktober letzten Jahres wollte das Unternehmen 100 ausländischen Touristen erstmals durch die Demilitarisierte Zone einen direkten Weg von Nord nach Süd öffnen und damit auch ein kleines, jedoch wichtiges Zeichen der Entspannung setzen.
Aus Nordkorea gab es keine Reaktion, Corona hat die Pläne 2020 endgültig scheitern lassen. Alle Hoffnungen richten sich jetzt auf ein neues Jahr mit politischem Tauwetter und ohne Covid-19.
Wir berichteten auch vor Ort aus Okinawa, Bhutan, oder Doha und mehr.
Text und Fotos: Joachim Hauck