Die Saale-Unstrut-Region in Sachsen-Anhalt ist ein Kernland deutscher Geschichte. In ihrer Vielfalt und Natürlichkeit liegt ihre unverwechselbare Stärke. Mit top-sanierten Hotels in historischen Gebäuden, originellen Gaststätten und Straußwirtschaften ist die Region zu jeder Jahreszeit eine Reise wert. Hier unser Bericht …
Man fährt entlang der Weinstraße oder der Straße der Romanik und erlebt Geschichte und Wein mal ganz anders und dazu die sachsen-anhaltische Küche sowie trockene und spritzige Weine aus dem Saale und Unstrut Tal.
Ob frühe Menschheitsgeschichte, Mittelalter, Reformation und Aufklärung, Industrialisierung und klassische Moderne – kaum irgendwo findet sich auf so engem Raum eine derartige Vielfalt von Zeugnissen, die zu touristischen Wallfahrtsorten geworden sind.
72 Bauwerke in 60 Orten ermöglichen einen tiefen Blick in die Welt des Mittelalters. Dome und Kirchen, Pfalzen, Burgen und Klöster von europäischem Rang gehören in ganz Sachsen-Anhalt zu der über 1.000 km langen Straße der Romanik.
Sie ist der steinerne Kalender deutscher Geschichte. Hier stand die Wiege der Reformation.
Auf den Spuren Martin Luthers, seiner Freunde und Widersacher zu reisen, die Stätten der Reformation zu besuchen und der Kultur des 16. Jahrhunderts zu begegnen, lässt deutsche Geschichte neu erlebbar machen.
Die Region Halle-Saale-Unstrut ist ungewöhnlich reich an Schlössern, Burgen und Herrenhäusern aus den unterschiedlichsten Epochen deutscher Baugeschichte.
Die Weinstraße führt im nördlichsten Weinanbaugebiet Europas zu den schönsten Zielen rund ums Thema Wein. Berühmte Namen wie Novalis, Goethe oder Händel sind eng mit der Region verbunden.
Halle – Saalestadt an der Straße der Romanik
Als Ursprung der Stadt Halle gilt der Hallmarkt. Vor über 1.000 Jahren befanden sich dort bereits erste Siedeanlagen für Salz.
Halles Salzquellen entstanden durch eine geologische Besonderheit, die sogenannte Hallesche. Neuere Grabungen auf dem Markt belegen die Kontinuität der Bedeutung des Salzes für die Stadt. Auf einer Länge von 25 km fließt die Saale, 6,3 km die Weiße Elster durch Halle.
Zu DDR-Zeiten war Halle durch die umliegende Chemieindustrie geprägt. Seit der Wende konzentriert sich die Stadt auf technologie-orientierte Branchen sowie die Lebensmittelindustrie.
Die Stadt lässt sich am besten zu Fuß entdecken, beim Schlendern und Schauen, beim Verweilen in stillen Gassen, auf belebten Straßen und Plätzen.
Die Ringstraße kennzeichnet den Verlauf der alten Stadtmauer, der Leipziger Turm ist von den damaligen Wehranlagen noch erhalten.
Der Marktplatz ist durch das berühmte Panorama der fünf Türme gekennzeichnet, bestehend aus den runden Hauben und den schlanken blauen Spitzen der Marktkirche “Unser Lieben Frauen” sowie dem stolzen Roten Turm. In der Marktkirche predigte schon Martin Luther, seine Totenmaske wird hier aufbewahrt.
Doch die Stadt besticht auch über seine eigentlichen historischen Stadtgrenzen hinaus, da die eingemeindeten Vororte ebenfalls ihre baulichen Sehenswürdigkeiten besitzen. Nicht weit davon entfernt liegt Reichardts Garten, in dem sich bedeutende Dichter und Gelehrte trafen.
Das abwechslungsreiche Nachtleben Halles bietet eine große Auswahl. Es gibt mehrere Theater, vom großen Opernhaus über Kleinkunstplätze und Satirisches Theater bis zum Puppentheater. Über 500 Restaurants bieten alles – vom Gourmetrestaurant über Studentenkeller bis zum angesagten Szenelokal.
Das Geburtshaus Georg Friedrich Händels ist heute als Zentrum der europäischen Händel-Pflege und -Forschung Treffpunkt von Musikfreunden aus der ganzen Welt.
Darüber hinaus finden hier regelmäßig Konzerte, zum Teil sogar auf historischen Instrumenten, statt. Diese Konzerte verkürzen die Zeit zwischen den jährlich stattfindenden Händel-Festspielen auf angenehme Weise.
Händel und seine Festspiele
G. F. Händel wurde 1685 in Halle an der Saale geboren. Bereits als Knabe machte er durch seine besondere musikalische Begabung von sich reden.
Von seinen vermutlich zahlreichen halleschen Kompositionen sind allerdings nur einige wenige Titel überliefert.
Insgesamt hat der Komponist über 600 Werke aller Genres seiner Zeit hinterlassen, darunter über 100 italienische Kantaten und Kammerduette, mehr als 40 große Opern, rund 30 Oratorien, Serenaden und Oden sowie eine große Anzahl instrumentaler Kompositionen.
Den größten Teil seines Lebens (1712-1759) wohnte er in London. Es gibt jedoch mehrere Zeugnisse dafür, dass er seiner Heimatstadt Halle eng verbunden blieb.
Erstmals fanden 1922 hier Händel-Festspiele und Händel-Tage statt. Halle war nach 1945 auch der Ausgangspunkt für eine neue Händel-Renaissance. 1948 wurde in Händels Geburtshaus ein Händel-Museum eingerichtet.
Seit 1952 finden mit wenigen Ausnahmen jeweils Anfang Juni, jährlich die Händel-Festspiele statt. 1.500 Künstler, darunter 111 Solisten, 17 Chöre und 22 Orchester sowie 20 Dirigenten, aus der ganzen Welt machten das Musikfest zu einem großen Erfolg. Die Händel-Festspiele 2024 finden vom 24. Mai bis 9. Juni 2024 statt.
Kulinarische Spezialitäten
Sachsen-Anhalt ist z. B. die Heimat der Halberstädter Würstchen und verschiedener Konditoreiwaren wie dem Salzwedeler Baumkuchen. Dieser ist schichtweise aufgebaut und über offener Flamme gebacken. Der “König der Kuchen” wird auch Prügel- oder Spießkuchen genannt.
Der Harz ist ferner bekannt für seinen Wildreichtum und den Harzer Käse. Seine Laibe sind meistens klein und rund (Handkäse, Taler) oder rollenförmig (Stangenkäse). Oft werden kleine Ballen aneinandergereiht als Rolle verkauft, was dem Käse im Volksmund den Namen Harzer Roller gab. Dieser Name bezeichnet allerdings ursprünglich eine Harzer Kanarienvogelart.
Ein typisches Gewürz des Harzer Käses ist der Kümmel. Der Magerkäse nach alten Hausrezepten zubereitet schmeckt am besten pur auf Schwarzbrot oder in Marinade auf Salat oder auf Schmalzbrot. “Drei Kriterien muss er erfüllen: Durch muss er sein. Laufen muss er. Aber bewegen darf er sich nicht.” Nun, so haben wir Käse noch nie betrachtet.
Von Martin Luther ist überliefert, dass er die einfache Küche der Region bevorzugte, aber auch kulinarischen Inszenierungen nicht abgeneigt war. So wurde getafelt, dass sich die Tische bogen: Mit Safran gefärbte Eiersuppen, Eierkuchen und Schweinekeulen, mit Pflaumen, Rosen, Pistazien oder roten Rüben gefülltes Geflügel, herzhafte Gemüse- und Kräutersorten, auch Pasteten waren darunter.
Ist man in Halle, darf ein Vermerk auf die Halloren-Kugeln natürlich nicht fehlen. Die Halloren Schokoladenfabrik AG ist die älteste bis heute produzierende Schokoladenfabrik in Deutschland. Das von Friedrich August Miethe als Kakao- und Schokoladenfabrik in Halle an der Saale gegründete Unternehmen wurde 1804 zum ersten Mal erwähnt.
Das bekannteste Produkt sind die Original Halloren-Kugeln, die ihren Namen von den in Halle in früherer Zeit tätigen Salzwirkern, den Halloren, haben, angeblich da die aus Sahne und Schokolade bestehenden Pralinen an die Silberknöpfe an den Jacken der Halloren erinnern.
In der „gläsernen Fabrik“ kann der Besucher die Produktionsabläufe live erleben. Auch das Schokoladenmuseum ist nicht nur für Nachkatzen sehenswert.
Händelwein & Co.
Entlang der Flusstäler von Saale und Unstrut, im Süden Sachsen-Anhalts, ist das nördlichste Qualitätsweinanbaugebiet Europas gelegen. Traditionell trocken ausgebaute Weine von hoher Qualität mit gebietstypischer kräftiger Säure und feinwürzigem Bukett sind das Markenzeichen des Gebiets.
Vom tausend-jährigen Weinanbau und der wechselvollen Geschichte geprägt, entstand an Saale und Unstrut eine einmalige Kulturlandschaft. Schon damals frönte das Kaiserreich der Ottonen dem Weinbau an Saale und Unstrut.
Das mitteldeutsche Weinbaugebiet zählte einst mit bis zu 10.000 ha zu den größten Rebflächen Deutschlands. Heute wird “an der Saale hellem Strande” nur noch im südlichen Sachsen-Anhalt und im Norden Thüringens Weinbau betrieben.
Das Anbaugebiet umfasst 640 ha Rebfläche und ist damit eines der kleinsten in Deutschland. Was man heute unter dem Begriff Saale-Unstrut-Wein zusammenfasst, wuchs bis in die neunziger Jahre des 19. Jahrhunderts hinein auf rund 5.000 ha. Dann ging es rapide bergab. 1893 waren noch etwa 900 ha übrig, 1945 noch 75.
Die 1993 eröffnete Weinstraße führt an reizvollen Tälern, Obstplantagen und Weinbergen entlang. Der Wein wächst auf steilen Terrassen auf 640 ha. Er wird vorwiegend trocken ausgebaut.
Die Winzer führen Besucher auch mal gerne durch den Weinberg. Die Namen der VDP Winzer, wie Pawis und Lützkendorf, begründeten den internationalen Ruf der Weinbauregion.
Alljährlich findet eine ganze Reihe von Weinfesten statt, an denen Besucher Feiern und Probieren können. Über 40 private Weingüter, die Winzervereinigung Freyburg, das Landesweingut Kloster Pforta sowie die Sektkellereien laden entlang der Weinstraße zum Probieren, Genießen und Verweilen ein.
Feinfruchtige und wohlgereifte Sekte von einer besonderen Qualität werden im traditionsreichen Haus Rotkäppchen seit 1856 hergestellt. Der aus der Jahrhundertwende stammende historische Lichthof, die fünfgeschossigen Kellergewölbe und der mächtige Domkeller mit dem 100-jährigen, größten geschnitzten Holzcuvéefass, aus dessen Inhalt 160.000 Flaschen Sekt bereitet werden könnten, laden zum Besuch ein.
Gebietstypisch zeichnen sich die Weine von Saale-Unstrut durch ein feinfruchtiges und spritziges Bukett aus.
Die Sonne scheint etwa 1.600 Stunden im Jahr. Angeführt wird die Weißweinliste vom feinwürzigen Müller-Thurgau, gefolgt vom feinfruchtigen Weißburgunder und vom erdigen Silvaner. Aber auch der spritzige Riesling, die temperamentvollen Kerner und Bacchusweine, der edle Grauburgunder oder der rare Gutedel finden hier ins Glas.
Gutedel gilt als die älteste Kulturtraube, die schon im Ägypten der Pharaonen eine Rolle spielte. Nach Europa gelangte sie wahrscheinlich im Mittelalter. Die aktuellen Rebstöcke stammen aus der Rebschule Freytag in Neustadt an der Weinstraße, als Spende für den erfreulichen Anlass.
Aber auch die Rotweine der Region sind bei Weitem nicht zu verachten. Sie überzeugen vor allem durch Kraft und Frucht. Zudem wartet hier so manche edelsüße Rarität aus Eiswein und Beerenauslesen auf die Zungen der Genießer.
Gütesiegel für Gastlichkeit
“Gastlich Saale-Unstrut” heißt das regionale Gütesiegel, welches gehobene Qualitätsstandards setzt. Die ausgezeichneten Restaurants präsentieren nicht nur eine schmackhafte Küche in einem stilvollem Ambiente, sondern bieten besondere regionale Spezialitäten und Leckerbissen, gepaart mit einer vielfältigen Auswahl an Saale-Unstrut-Weinen an.
Die Menüs sind dabei ganz auf die aktuellen Weine abgestimmt. So finden sich weiße und rote Rebsäfte im Duett mit Fisch, Wild, Käse, Brot und sogar Schokolade. Zu speziellen Speisefolgen zeigen auch Sekt, Burgunderweine oder Barriqueweine eine gewisse Affinität.
Bei einem Urlaub oder Wochenendausflug in die Region Saale-Unstrut sollte man es nicht versäumen, Spezialitäten aus der regionalen Küche zu probieren.
Und bei einer erlebnisreichen Besichtigungstour der “Stadt an der Saale hellem Strande…”, die 2006 ihr 1.200-jähriges Stadtjubiläum feierte, lässt man sich am besten ein Glas des von Weinkennern sehr geschätzten Saale-Unstrut-Weins schmecken.
Text: Dr. Michael Polster
Bilder: Dr. Michael Polster, Saale-Unstrut Tourismus GmbH, 234640_original_R_B_by_gubheinicke_pixelio, 40005_original_R_by_Georg Wrangler_pixelio.de, 329765_original_R_K_B_by_Heinz Ober_pixelio.de, 403543_web_R_by_siepmannH_pixelio.de, Saale-Unstrut-Tourismus,-Falko-Matte