Neun Sterne-Restaurants zählt Nürnberg inzwischen. Die Restaurants Waidwerk, Tisane, Veles, ZweiSinn Meiers, Koch und Kellner, die Entenstuben und das Wonka sind mit 1 Michelin-Stern ausgezeichnet. 2 Sterne sowie einen extra Grünen Stern besitzen das Essigbrätlein und das etz sogar noch eine besondere Auszeichnung für die Nachhaltigkeit ihrer Küche. Wir besuchten Felix Schneider im etz …
Ausgerechnet Nürnberg, das vielen Zeitgenossen als eine kulinarisch eher biedere Bratwurst-und Lebkuchen-Stadt gilt, ist – pro Kopf gerechnet – als die City mit den meisten Michelin-Sternen in ganz Deutschland. München hat mit insgesamt 26 zwar unbestritten mehr, gemessen an der Einwohnerzahl liegen die Nürnberger aber halt um ein paar Sternezacken vorne. Die Tourismusmanager der Stadt freut‘s und lässt sie stolz auf ihr neues „Zentrum von Fine Dining“ sein.
Was bitte ist etz?
Etz sagen waschechte Nürnberger, wenn sie jetzt meinen – und “etz wollten wir eben ein etwas anders Restaurant machen”, erzählen Chefkoch Felix Schneider und Mitinhaber Florian Bailey.
Im etz kommt auch grundsätzlich nur auf den Tisch, was es gerade etz so gibt – und damit ist schon die grundlegende Philosophie des Restaurants in der Nürnberger Wiesentalstraße beschrieben.

Das Menü richtet sich strikt nach den Jahreszeiten. Im Topf, in der Pfanne und auf dem Grill landet nur, was in der Region gewachsen ist.
Das Gemüse z.B. kommt aus dem gerade mal 15 Minuten entfernten Knoblauchsland, und auch da ist Chef Schneider noch mal sehr wählerisch.
Zwar hat er 4 Monate lang sein sorgfältig angerichtetes „Ein Blatt Spinat“ mit feinen Garnierungen auf der Karte.
Doch damit das wirklich frisch ist, lässt Schneider sich den Spinat immer von unterschiedlichen Bauern liefern – Saison und Reifegrad des Gemüses entscheiden.

Das etz-Team und seine Zulieferer kennen sich in den kleinteiligen Klimazonen ihrer Region aus. Sie wissen, in welchem Wäldchen, an welchem Bach und auf welcher Wiese in welchem Monat die besten Pilze wachsen.
Sie finden im fränkischen Hopfenland um Neuenkirchen Trüffel, die auch schon mal auf den Kartoffelsalat kommen.
Und allzu schwierig ist es nicht, auf den 15.000 Kirschbäumen des Nachbardörfchens Kalchreuth genau die roten Früchte zu finden, die gut schmecken.
“Unser Problem war vor allem, die passenden Lieferketten für unsere Bedürfnisse aufzubauen”, sagt Schneider. “Und es war ein radikaler Lernprozess, wie wir wirklich alles, was wir kaufen oder selber anbauen, restlos verwerten können”.
Wenn Fleisch beschafft wird, legen Schneider und Bailey Wert darauf, dass das komplette Tier irgendwie verwertet wird – sei‘s über klassische Fleischspeisen, raffinierte Innereien-Gerichte oder selbstgemachte Wurst.

Vor allem bei Obst und Gemüse fallen ganz schöne Mengen an, z.B. allein 1,2 t Tomaten im Jahr. Folglich wird alles, was nicht gleich verbraucht werden kann, eingemacht, getrocknet oder fermentiert und bis zum endgültigen Verbrauch in Regalen in Töpfen, Gläsern und Schüsseln gelagert.
Der Arbeitsaufwand im etz ist deutlich höher als in anderen Restaurants. Schneider schätzt, dass etwa 25% seiner Arbeitszeit für die Beschaffung und Vorbereitung seine Produkte draufgeht.
In deren Genuss kommen an den drei Öffnungstagen maximal 30 Gäste, die in der Regel für das Menu knapp 250 Euro zahlen.
Dafür gibt‘s dann im Menu „Alle Farben“ z.B. Wildschwein-Tatar mit Saft aus gegrilltem grünen Gemüse und gebackenem Forellenrogen; ein Barbecue vom marinierten Mangalica-Schweinebauch mit Radieschen und Rocoto-Chili; roh marinierten Saibling mit Sanshopfeffer, Ingwer und Physalis; Bresshahn mit Heubutter sowie Apfel-Granite mit Lindenblüten-Karamell – um nur ein paar Gänge zu benennen.
Dazu serviert man Weine vom Main und Biere aus Oberfranken, das bekanntlich die größte Brauereidichte der Welt aufweist.
Säfte und Schnäpse kommen u.a. aus dem nahen Obstdorf Pretzfeld. Dort baut Johannes Haas Obstsorten an, die fast schon vergessen sind.
“Der Handel und die Supermärkte wollen es vor allem haltbar und schön, kleine Früchte mit kleinen optischen Fehlern würde der Verbraucher nicht kaufen”, weiß Haas.
Dass die schönsten Früchte freilich nicht immer die schmackhaftesten sind, wird dabei leicht vergessen. Oft bleibt da das Aroma auf der Strecke, und deshalb muss Haas bei den Zwetschgen gezielt aromatische Sorten nachpflanzen, um vernünftige Säfte und Obstbrände herstellen zu können. Allein 15 verschiedene Pflaumensorten baut Haas an – eine fruchtiger und saftiger als die andere.

Text: Joachim Hauck
Fotos: Joachim Hauck / Restaurant Etz / Congress- und Tourismus-Zentrale Nürnberg