Das Mari Pop Hotel zeigt wie nachhaltiger Tourismus im Zillertal aussehen kann. Vom Pop-Up-Projekt Pop Down Hotel in der elterlichen Pension Grillhof bis zum heutigen Mari Pop Hotel dauerte es ein paar Jahre.
Diese Zeit für den Generationenwechsel hat man sich bewusst genommen. Silivia Gschösser und Markus Rist präsentieren in Ried im Zillertal ein einzigartiges Gastronomie-und Hotelprojekt.
Die beiden Protagonisten erzählen eine spannende Geschichte, wie Tourismus neu gedacht werden kann.
Nachhaltiger Tourismus im Zillertal
Um zu klären, was ein Generationenwechsel im alpinen Tourismus für Potential birgt, gab es für die Kommunikationswissenschaftlerin Silvia Gschösser und Markus Rist, gelernter Koch und Konditor sowie Inhaber, nur eine Lösung: „Bevor wir einen großen Umbau planen und das Hotel langfristig neu gestalten, brauchen wir eine Testphase.“
Das Paar läutete mit ihrem Pop-up-Projekt, in Zusammenarbeit mit den Architekten von Build_Inc., die Generalsanierung ein. Zum Auftakt haben sie den „Zillertaler Grillhof“ der Eltern von oben bis unten weiß gestrichen. Wo heute das Mari Pop Hotel steht, leuchtete von Dezember 2017 bis April 2019 der Schriftzug “Pop Down”. Damit wurde die elterliche Pension zum ersten Pop-Up-Hotel im Zillertal.
Tiroler Tischkultur mit urbanem Flair im Zillertal
Bei den ersten behutsamen Umbauarbeiten hat man lediglich die Wände der ehemaligen Gästezimmer durchbrochen. Details wie die Waschbecken in den Zimmern blieben erhalten. Herzstück war das Restaurant mit seiner langen Tafel über drei Stockwerke.
Der Tisch wurde im Zillertal seit jeher nicht nur zum Arbeiten oder gemeinsamen Essen genutzt, sondern war Dreh- und Angelpunkt des Familienalltages. Diese Kultur des „Treffens und Austauschens“ fand auch in öffentlichen Räumen wie Gaststätten oder Wirtshäusern statt. Der bedeutungsvolle Ort „am Tisch“ wurde zum zentralen Punkt, indem er sich provokant und ohne jegliche Unterbrechung von Etage zu Etage durch Treppenaufgänge aus demselben hellen Holz durchzieht.
Markus Rist sagt: „Auf diese Tafel stellen wir unsere Gerichte ein, jeder kann sich selbst bedienen. Das klassische À-la-carte-Restaurant gibt es dann bei uns nicht mehr.“
Er serviert nun ganz traditionell in Pfannen und großen Schüsseln das täglich wechselnde Menü, bestehend aus Vorspeise oder Suppe, Hauptgang und Dessert, das die Gäste abends in zwei Schichten buchen können. „Anders als an mehreren großen Tischen, lässt sich jeder darauf ein, wenn es nur eine lange Tafel für alle gibt“, erklärt er.
Diese Kultur des „Treffens und Austauschens“ der Wirtshäuser bleibt man im jetzigen Mari Pop Hotel mit Konzerten und Kultur-Events treu. Für Brunch und Dinner hat das Haus weiterhin für alle geöffnet.
Der lange Tisch aus dem Pop Down Hotel ist im komplett umgestalteten Mari Pop Hotel in Ried im Zillertal erhalten geblieben. Dazu kommen weitere gemütliche Einzeltische im Speiseraum sowie eine neue Bar.
Vielfalt in der Küche: Menüs und À la carte
Viel neues wurde während der Zeit des Pop-Up-Events ausprobiert. Dies spiegelte sich im kulinarischen Angebot, aber auch in Events, Vernissagen und Konzerten wider.
Das neue Food-Konzept ist für die Betreiber eine logische Entwicklung aus der Erfahrung der letzten Jahre. Regional und traditionell, trotzdem abwechslungsreich, modern und authentisch. Im Fokus stehen die Lebensmittel selbst. „Produzenten aus der Region sind für uns eine Selbstverständlichkeit“, sagt Silvia Gschösser, die auf ein breites Angebot aus dem familieneigenen Bergbauernhof in Hart zurückgreifen kann. So ergeben sich Gerichte wie „Schmorbratl vom Ochsen mit Minikartoffeln, gegart in Salz und Heu“, „vegane Schupfnudeln mit Steinpilzen“ oder „geschmortes Wintergemüse mit Bauerntopfen, Spitzwegerich-Sirup und Bergkräutern“.
„Wir sind Fans der Vielfalt. Und so vielfältig wie der Mensch ist, so vielseitig ist auch die Art und Weise sich zu ernähren“, sagt Markus Rist. Alternative Ernährungsweisen, wie vegetarisch oder vegan, bezieht er unkompliziert mit in das Angebot ein. Die Küche ist traditionell, aber offen für Fusionen. Jede Nahrungsmittelunverträglichkeit findet Berücksichtigung.
Vom Pop Down Hotel zum Mari Pop Hotel
Auf Basis regionaler und saisonaler Erzeugnisse aus dem Alpenraum sowie ökologischen Denkens ist nachhaltiger Tourismus im Zillertal entstanden.
Die Lebensmittel in den zahlreichen vegetarischen und veganen Gerichten sind gerne Bio. Das ist angesichts anderer nachhaltiger Kriterien aber nicht zwingend. Seit Frühling 2021 baut Markus Rist Gemüse selbst im Garten auf dem Bauernhof seiner Schwiegereltern im Zillertal an.
„Wir wollen den alpinen Tourismus nicht neu erfinden, aber neu durchdenken. Dabei hinterfragen wir Abläufe und handeln fair, nachhaltig und wirtschaftlich. Wir wollen eine Gleichwertigkeit für Gast, Einheimische, Mitarbeiter, regionale Lieferanten und Gastgeberfamilie schaffen“, sagt der Unternehmer. Nachhaltiger Tourismus heißt auch die Region Zillertal zu stärken. Wenn die Menschen vor Ort einen Mehrwert erfahren, gelingt nachhaltiger Tourismus.
Bestehendes zu schätzen, Routinen in der Hotellerie zu hinterfragen und sich auf die Zukunft im Tiroler Tourismus vorzubereiten, das ist die Motivation, die die jungen Hoteliers antreibt. Das Mari Pop Hotel jedenfalls ist gekommen, um zu bleiben.
Das ursprüngliche Gebäude erscheint heute in neuem Gewand. Die Pension wurde komplett umbaut, die tragende Grundstruktur aber erhalten. Alle 45 Zimmer ergänzt fassadenseitig eine Holzkonstruktion mit zusätzlichem Wohnraum in den Zimmern. Dazu kommen Außenpool, Saunen und Wellness sowie Komfort im minimalistischen Desgin. www.maripop.at
Text: Verena Wagner
Fotos: Pop Down Hotel, Mari Pop Hotel, Lisa Staudinger Photography