Feinkörniger Sand ist eine Herausforderung für jeden Rollstuhl. Damit auch Menschen mit Mobilitätseinschränkungen Urlaub am Strand genießen können, entwickeln immer mehr Orte in Deutschland von den Ostfriesischen Inseln im Norden bis zum Lausitzer Seenland im Osten der Republik barrierefreie Angebote. Ob Sonnenbaden im barrierefreien Strandkorb, Wasserspaß im Baderollstuhl oder Fahrten mit dem führerscheinfreien Hausboot: Das sind die schönsten Ideen für barrierefreien Wasser- und Strandurlaub der Arbeitsgemeinschaft Leichter Reisen für diesen Sommer.
Ostfriesland: Norddeich eröffnet im Sommer barrierefreie Wasserkante
Ein Vorzeigeprojekt für Barrierefreiheit am Strand entsteht derzeit in Norden-Norddeich an der ostfriesischen Küste. Das Nordseeheilbad eröffnet im Juli eine neu gestaltete Wasserkante: Über Holzbohlenwege, die durch die Dünen führen, erreichen Rollstuhlfahrer den breiten Sandstrand. Hier laden barrierefreie Strandkörbe zum Sonnenbaden ein. Auf der breiten Promenade befinden sich taktile Markierungen, Leitstreifen und Sitzbänke. Eine Rampe führt direkt ins UNESCO-Welterbe Wattenmeer.
So kommen auch sehbehinderte und mobilitätseingeschränkte Menschen bei Flut ins Wasser und bei Ebbe ins Watt. Nach dem Wattwandern oder Baden können sie Duschen mit ausklappbaren Sitzmöglichkeiten nutzen. Für interessierte Rollifahrer bietet die Seehundstation in Norddeich Wattwanderungen mit einem speziellen Wattmobil an.
Kilometerweite, breite und barrierefrei zugängliche Naturstrände prägen auch die sieben Ostfriesischen Inseln wie Langeoog und Norderney. Über die Dünen führen Holzwege und mobile Matten zum Strand. Strandmobile und Baderollstühle mit dicken Reifen, die über die Touristinformationen der Inseln gebucht werden können, ermöglichen einen unbeschwerten und weitgehend selbstbestimmten Tag am Strand und im Wasser.
Rostock: Mit dem Baderollstuhl in die Ostsee
Feinkörniger Sand so weit das Auge reicht: Dafür ist auch die Ostseeküste bei Rostock bekannt. Rollstuhlfahrer erreichen die bis zu hundert Meter breiten Strände über rutschfeste Wege aus Gummimatten oder Holzplatten. Im Seebad Warnemünde sind fünf Strandzugänge barrierefrei gestaltet, im Seebad Markgrafenheide zwei. Einer der modernsten barrierefreien Zugänge ist Strandaufgang vier in Warnemünde. Hier führen die Wege bis zu den Strandkörbern und ans Wasser. Bei Strandoase Treichel kann ein Baderollstuhl gemietet werden, mit dem Menschen mit Mobilitätseinschränkungen bis ins Meer fahren können.
Ein Ausflug zum Warnemünder Strand lässt sich jetzt auch mit einer leichten Kurzwanderung verbinden. Der neue, nach Reisen für Alle zertifizierte Thalasso-Kurweg Warnemünde lädt dazu ein, aktiv und bewusst in das wohltuende Ostseeklima mit seiner salzhaltigen Seeluft einzutauchen. Der drei Kilometer lange Wanderweg führt vom Kurpark bis zur Westmole, wo sich die ein- und ausfahrenden Schiffe beobachten lassen.
Lausitzer Seenland: Barrierefreie Strände und Segeltörns
Fernab von Nord- und Ostsee laden die Strände im Binnenland zur Erholung ein. Im Lausitzer Seenland zwischen Berlin und Dresden entstand durch Flutung von Tagebauen ein neues Wasserparadies mit feinsandigen, gepflegten Stränden. Barrierefreiheit wurde hier von Anfang mit bedacht. So sind vielerorts barrierearme, rollstuhlbefahrbare Standzugänge entstanden: in Großkoschen, Senftenberg und Niemtsch am Senftenberger und in Boxberg/Oberlausitz, Uhyst und Klitten am Bärwalder See.
Für Ausflüge auf dem Wasser ist das Hafencamp am Senftenberger See der ideale Ausgangspunkt. Hier verleiht Expeditours Kanus sowie führerscheinfreie Motorboote und bietet Segeltörns sowie geführte Bootstouren an. Mithilfe eines Lifts gelangen auch Menschen mit Mobilitätseinschränkungen bequem in die Boote. Am Stadthafen von Senftenberg startet das für Rollifahrer zugängliche Fahrgastschiff Aqua Phönix zu Rundfahrten auf dem See.
Ruppiner Seenland: Bootstouren auf der Havel und den Rheinsberger Seen
Nur wenige Kilometer nördlich von Berlin heißt ein weiteres Wasserparadies mit mehr als 300 natürlichen Seen Menschen mit Behinderungen willkommen: Das Ruppiner Seenland hat sich auf barrierefreien Urlaub am und auf dem Wasser spezialisiert. Startpunkt für Bootstouren auf der Oberen Havel durch den Naturpark Stechlin-Ruppiner Land ist die barrierefreie Marina Alter Hafen in Mildenberg. Dafür vermietet Anbieter Kuhnle-Tours barrierefreie Hausboote, die Rollstuhlfahrern genügend Platz bieten. Dank unterfahrbarem Fahrerstand können sie das führerscheinfreie Boot sogar selbst steuern. Die Marina verfügt zudem über einen barrierefreien Campingplatz. Hier übernachten Gäste mit direktem Blick zur Havel. Nebenan informiert der für Rollstuhlfahrer zugängliche Ziegeleipark Mildenberg über die Geschichte der Ziegelindustrie.
Um die Rheinsberger Seen vom Wasser aus zu erkunden, bietet die Fahrgastschifffahrt Reederei Halbeck barrierefreie Touren auf der MS Remus an. Mit einem Lift erreichen Rollstuhlfahrer das Oberdeck. Die Rundfahrten führen über den Grienericksee, am Schloss Rheinsberg und der Remusinsel vorbei durch den Kanal zum Rheinsberger See und je nach Auswahl zu weiteren Seen der eindrucksvollen Naturlandschaft.
Über Leichter Reisen: Zehn deutsche Urlaubsregionen und Städte haben sich seit 2008 zur Arbeitsgemeinschaft Barrierefreie Reiseziele in Deutschland (seit 2018: Leichter Reisen) zusammengeschlossen. Gemeinsam leisten sie Pionierarbeit bei der Entwicklung von Reiseangeboten für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, mit Hör-, Seh- und Lernbehinderungen, für Gehörlose und Blinde sowie für Familien und Senioren. Zu den Mitgliedern gehören die Regionen Eifel, Ostfriesland, Sächsische Schweiz, Südliche Weinstraße, das Fränkische, Lausitzer und Ruppiner Seenland, außerdem die Städte Erfurt, Magdeburg und Rostock. Details zu den barrierefreien Stränden und weiteren Wassererlebnissen führt Leichter Reisen unter www.leichter-reisen.info/themen/wasser auf.
Kooperation mit Deutscher Bahn AG: Seit 2008 arbeitet die Arbeitsgemeinschaft eng mit der Deutschen Bahn AG (DB) zusammen. Im Rahmen dieser Kooperation entstanden individuelle Mobilitätspakete bzw. Reiseangebote, welche auf die Wünsche und Bedürfnisse mobilitätseingeschränkter Urlauber abgestimmt sind.
Fotos (von oben): © DZT, Jens Wegener (2 mal) / © TMV-Ulrich / © Lausitzer Seenland