Mit der höchsten Pro-Kopf-Konzentration an Michelin-Sternen hat sich das Großherzogtum Luxemburg seinen Ruf als Gourmetreiseziel längst gesichert. Unter den Sterneköchen gibt es in Luxemburg die bisher einzige Frau, die jemals den „Goldenen Bocuse“ aus den Händen von Paul Bocuse in Lyon überreicht bekam: Lea Linster. Wir besuchten Luxemburgs Sterneköchin.
Spannende Geschichte in Luxemburg
Luxemburg ist einer der bedeutendsten Finanzplätze der Welt, Sitz wichtiger europäischer Institutionen und ein Land mit einer über 1000-jährigen Geschichte. Im Herzen Europas zwischen Frankreich, Deutschland und Belgien gelegen, entwickelte es seinen ganz eigenen Charakter. Das Großherzogtum Luxemburg ist ein unabhängiger Staat mit einer konstitutionellen Monarchie – die erbliche Dynastie des Haus Nassau-Weilburg – in Form einer parlamentarischen Demokratie.
Ein Blick in die Geschichte offenbart, dass gerade das heutige Großherzogtum während Jahrhunderten im Kontext der europäischen Konflikte den Besitzer wechselte. Auf den Spuren dieser wechselvollen Vergangenheit wandelt der Kulturreisende heute durch die von der Unesco zum Weltkulturerbe eingestufte Altstadt und Festung Luxemburg.
Typisch luxemburgische Küche
Bei einem Stadtrundgang erfreuen malerische Viertel, das Panorama der Festungsstadt und Kostproben der heimischen Gastronomie. Sie verwöhnt den anspruchsvollen Gourmet mit französischer Küche. Spezialitäten sind Moselfisch, Ardennerschinken, dazu Moselwein oder die delikaten Obstbrände aus den kleinen, lokalen Brennereien.
Unter Bäumen sitzend wartet man auf das Menü, das in den Küchen schmurgelt: Bouneschlupp (Bohnensuppe) und Kniddelen (Knödel), Judd mat Gaardebounen (geräuchertes Schweinefleisch mit dicken Bohnen), Kachkéis (Kochkäse) und Quetschentaart (Zwetschgenkuchen). Diese und all die anderen typischen Gerichte sprechen eine deutliche Sprache: bodenständig und regional. Einkehren sollt der Gast bei Sternekoch Ilario Mosconi, der hier das einzige italienische 2-Sternelokal außerhalb Italiens führt.
Der Winzerort Schengen
Schengen ist wohl der bekannteste Ort an der Luxemburger Wein- und Moselstraße knapp eine halbe Autostunde von der Stadt Luxemburg entfernt. Hier wurde der gleichnamige Vertrag 1985 unterzeichnet (Wegfall der Binnengrenzen).
Die geografische Lage des idyllisch an der Luxemburger Mosel gelegenen Winzerorts hatte für die Unterzeichnung jener Verträge, welche die Kontrolle der physischen Personen an den Grenzposten etappenweise abschaffte, symbolische Bedeutung. Am Südostzipfel der Beneluxländer gelegen, reicht ein Spaziergang über die Moselbrücke, um zu Fuß sowohl deutsches als auch französisches Staatsgebiet zu erreichen.
Unterzeichnet wurde das Abkommen am Moselufer an Bord des Passagierschiffes „Princesse Marie-Astrid“, benannt nach der älteren Schwester von Großherzog Henri. Ein modernes Schiff fährt heute traditionsgemäß unter dem Namen „Princesse Marie-Astrid“ entlang der Luxemburger Weinstraße als Ausflugsschiff und schwimmendes Restaurant.
Wettbewerbsgala der Köche
Dass die Gastronomie eine herausragende Rolle spielt, hat zum einen damit zu tun, dass Luxemburg seit jeher ein von Touristen geschätztes Schlemmerland par excellence ist. Zum anderen gastiert alle vier Jahre die Expogast mit dem Culinary World Cup in der Luxexpo. Erneut 2022 geben rund 700 Elite-Köche aus aller Welt dem staunenden Besucher einen globalen Einblick in die Trends aller Kontinente. Bei der Vorbereitung der hochkarätigen Gerichte erleben die Gäste die Köche in Showküchen zunächst live, bevor im angrenzenden „Restaurant des Nations“ die Gaumenfreuden verkostet werden.
Gourmetfreunde müssen allerdings nicht so lange warten, um in Luxemburg eine kulinarische Entdeckungsreise zu unternehmen. Die international geprägte Restaurantszene bietet eine breite Palette, die vom Gourmettempel über Szenelokale bis hin zur ländlichen Gaststätte reicht.
Genießen wie die Grafen
Eine besondere Rolle spielen dabei die Produkte aus der Landwirtschaft – mit dem Qualitätszeichen „Produkt vum Séi“ (Produkt der See-Region) – des Naturparks Obersauer.
„Véi vum Séi“ ist das Qualitätszeichen für Rind-, Schweine- und Hammelfleisch sowie für Hähnchen. „Téi vum Séi“, steht für natürliche Kräuter und Teesorten, die ohne den Einsatz von Pestiziden oder Kunstdünger auf dem Boden des Naturparks Obersauer gedeihen. Ardennenschinken, Schwein in Aspik, Riesling-Pasteten, Krebse und Hechte sowie gebackene Fische aus Mosel und Untersauer zählen zu den regionalen Spezialitäten in Luxemburg.
Ein Essen mit regionalen Spezialitäten aus dem Angebot „Gourmet vum Séi“ empfiehlt sich im Restaurant La Diligence im Dörfchen Arsdorf in den Ardennen. Schade, dass es kein französisches Wort für „Mahlzeit“ gibt!
„Dabei sollt man nicht undankbar sein: mein Seufzer ist der Tadel eines ächzenden Schlaraffen“, bleibt mit Kurt Tucholsky zu sagen. Auch Schokoladenpralinen, Süß- und Backwaren darf man sich nicht entgehen lassen. Namen wie Oberweis und Namur sind dabei Programm für Confiseur Luxembourg.
Für Bier- und Weinfreunde
Sowohl Bier- als auch Weinfreunde kommen in Luxemburg voll auf ihre Kosten. Fünf Brauereien, eine namhafte Weingenossenschaft und rund 50 dynamische Privatwinzer erschaffen die passenden Produkte zum guten Essen.
Ein Glas Auxerrois – die Auxerrois-Rebe gehört zur Gruppe der Burgunder und ist eine natürliche Kreuzung zwischen Pinot und Gouais Blanc. Die Verbreitung der Rebsorte ist mit der Vertreibung der Hugenotten aus Frankreich verbunden. Die vertriebenen Winzer nahmen die Rebe mit und pflanzten sie in ihren neuen Heimaten an. Man findet sie heute an der luxemburgischen Mosel und im französischen Elsass.
Die hochkarätigen luxemburger Weine und die nach traditioneller Methode hergestellten feinschaumigen Crémants sollte man direkt beim Winzer am Luxemburger Moselufer verkosten – z.B. bei Privatwinzer Luc Duhr von der „Domaine Clos Mon Vieux Moulin.
Seit 1991 wird die Qualität des „Crémant de Luxembourg“ von einer speziellen Expertenkommission gewährleistet. Ein Crémant de Luxembourg muss nach der traditionellen Flaschengärungsmethode hergestellt sein. Im Unterschied zu deutschen Pendants wird keine Geschmacksangabe auf dem Etikett aufgeführt. Die meisten Weine schmecken dank ihrer kräftig-markanten Säure nicht süß, sondern ausgesprochen harmonisch und erfrischend. 20 Autominuten reichen, um das 1300 ha große Weinanbaugebiet von der Landeshauptstadt aus zu erreichen. Die Besonderheit der luxemburgischen Weinberge ist ihr Terroir. Einige erlesene Weine der Luxemburger Mosel sind: Pinot Gris, Pinot Blanc, Auxerrois, Riesling, Gewürztraminer, Rivaner und Elbling.
Luxemburgs Sterneköchin empfiehlt
„Die Luxemburger Weine stehen auf meiner Karte ganz oben. Sie können Speisen wunderbar begleiten und unterstützen, so z.B. der Elbling“, sagt Lea Linster. , Letzteren baut sie selbst an.
Genießen wie einst die Grafen von Luxemburg. Die Reisenden erleben Momente der Entspannung in einer reizvollen Landschaft, entdecken die Luxemburger Mosel und schlemmen “à la luxembourgeoise”. Dies ist eine kleine kulturelle und kulinarische Auszeit im grünen Herzen Europas.
Denn das Essen muss nicht immer “fein”, aber immer gut sein, findet Lea Linster. “Ich esse lieber ein perfektes Butterbrot als einen mittelmäßigen Hummer.“ Mit gutem Essen und gutem Wein mache man sich selbst ein Kompliment.
Rezepte von Lea Linster gibt es hier zum Nachkochen. Außerdem lesen Sie hier ein Porträt mit der berühmten Sterneköchin über ihre Küche und ihr Restaurant.
Text: Michael Polster
Fotos: Visit Luxembourg / © Marc-Theis