In Teil 2 unseres Reiseberichts widmen wir uns kulinarischen Genüssen – und auch hier hat Leipzig viel zu bieten. Leipzigs Restaurants sind Spitze und das im wahrsten Sinne des Wortes. Besonders die vielen Messe-Kaufleute und die Studenten rühmten schon immer die städtischen Wirtshäuser. Regionale Spezialitäten wie das Leipziger Allerlei, die Leipziger Lerchen und die Leipziger Gose sind weit über die Grenzen Sachsens hinaus bekannt.
Mit dem Drallewatsch ist im Herzen von Leipzig eine originelle Gaststättenmeile entstanden, die mit ihrer Vielfalt ein „Ausgeherlebnis“ von Gaststätte zu Gaststätte, von Kneipe zu Kneipe bietet.
Gegenwärtig trägt das Restaurant “Falco” im Hotel Westin Leipzig, als erstes im Osten Deutschlands, zwei Sterne. Restaurantchef Peter Maria Schnurr erkochte mit seinem Team die Gourmet-Auszeichnung. Der aktuelle Kommentar des Guide Michelin: eine Spitzenküche – einen Umweg wert!
Rund ums „Leipziger Allerlei“
Der Weg führt uns zuerst auf die Spuren des “Leipziger Allerleis”, einem Hauptgericht aus Frischgemüsen. Nach einem klassischen überlieferten Rezept gehören außer verschiedenen jungen Gemüsesorten wie Möhren, Kohlrabi, Spargel und Blumenkohl auch Morcheln, Krebsschwänze sowie Semmelklößchen dazu.
Das Original “Leipziger Allerlei” wird hauptsächlich in der Zeit von April bis Juni serviert.
Die Grundlagen des berühmten Gemüsegerichtes sind in ihrer überregionalen Verbreitung eng mit der Geschichte und Entstehung der in Leipzig gegründeten und von hier ausgehenden weltweiten Schrebergarten-Bewegung verwoben.
Der Begriff Schrebergarten wurde 1864 erstmals benutzt. Der Lehrer Heinrich Karl Gesell war es, der am Schreberplatz Gärten anlegte. Zunächst als Beschäftigungsmöglichkeit für die Kinder gedacht, entwickelten sich die Gärten rasch zu Refugien der Eltern bzw. der ganzen Familie. Aus den „Kinderbeeten“ am Rand des Schreberplatzes wurden „Familienbeete“, die man später parzellierte und umzäunte. Ab jetzt nannte man sie „Schrebergärten“.
Damalige Heimarbeiterfamilien waren als Selbstversorger ebenso von ihrer Eigenproduktion abhängig wie später die Fabrikarbeiterinnen und Fabrikarbeiter. Der geregelte Anbau von Kartoffeln und Gemüse auf Bauerwartungsland am Stadtrand in den so genannten Schreberanlagen versorgte die damaligen Arbeiterfamilien mit einer ungewohnt hohen Menge an frischem Obst und Gemüse.
Diese für die damalige Zeit als Überversorgung zu bezeichnende Lage und ein noch bis zur Industrialisierung der Pelzgerbereien vorhandenes vielfältiges Angebot an Flussfischen und Krebsen – aus den Flüssen Luppe, Parte und Elster – stellten die Grundlage für das „Leipziger Allerlei“ dar.
Das dieses sich nicht auf einen einzelnen Koch zurückführen lässt, sondern sozusagen am „Gartenzaun“ von Hausfrau zu Hausfrau entwickelt und weitergegeben wurde, ist sicher verständlich. Denn erst mit der später einsetzenden industriellen Verwendung minderwertiger Produkte bekam das „Leipziger Allerlei“ seinen schlechten Ruf.
Leipziger Lerchen
Doch was ist eine gute Speisekarte ohne ein entsprechendes Dessert? Ein für Leipzig typischer Nachtisch sind die Leipziger Lerchen.
Deren Geschichte erzählt uns der Bäckermeister Jürgen Kleinert, den wir anschließend besuchen. “Wir produzieren handwerklich, zwar unter Einbeziehung moderner Technik, aber wieder sehr viel mit der Hand”, so der Bäcker.
Regionaltypische Produkte backe man nach traditionellen Rezepturen und Herstellungsweisen. Einen Großteil der Rohstoffe, beispielsweise Roggen- und Weizenmehl, bezieht er aus der Region. Das Weizenmehl stamme von der Mühle Herrig aus Engelsdorf und das Roggenmehl von der Mühle Lange aus Colditz-Möseln.
Was es denn nun mit den Lerchen auf sich habe? Die Leipziger Lerchen wurden im 18. und 19. Jahrhundert aus Singvögeln hergestellt und als gefüllte Pasteten gereicht. Nachdem 1876 ein Fangverbot für Singvögel verhängt wurde, entwickelten findige Bäcker ein feines Gebäck, einen Leckerbissen aus ofenfrischem Mürbeteig, Mandeln, Nüssen und Erdbeerkonfitüre bzw. Marzipan, wobei sie die Form der Singvögel nachahmten.
Sie gaben der Konditorspezialität fortan den Namen “Leipziger Lerche”. Das Mürbeteigtörtchen erinnert an einen Vogelbalg. Die zwei kreuzweise aufgelegten Mürbeteigstreifen symbolisieren den ursprünglichen Faden, mit dem das gefüllte Tier zusammengehalten wurde.
Bis in die heutige Zeit werden die „Leipziger Lerchen“ per Hand in sieben verschiedenen Arbeitsgängen nach einem alten Rezept angefertigt. Jürgen Kleinert zeigt das anschaulich in der Backstube seinen Gästen.
Das Ergebnis ist ein köstliches und wohlschmeckendes Stück, für dessen Füllung der Bäckermeister nur Marzipan nimmt und betont, dass man damit den ursprünglichen Lerchen am ehesten entspreche und diese zu einer Tasse Kaffee ideal seien.
Kaffee, Milch, Käse und Bier
Kaffee bzw. der “Kaffeesachse”, Produkt und Begriff, der in Leipzig eine lange Tradition hat. 1694 wurde in Leipzig öffentlich erstmalig das Kaffeegetränk ausgeschenkt. 1697 wurde hier die erste deutsche „Kaffeehaus-Ordnung“ erlassen. Das war eine Genehmigung zur Geselligkeit.
1734/35 schrieb Johann Sebastian Bach seine „Kaffeekantate“. Der Kaffee gehört also zu den Sachsen wie der unverwechselbare Dialekt. Einem Mythos zufolge soll der Begriff „Kaffeesachse“ im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) von Preußen-König Friedrich II verwendet worden sein, denn es fehlte den sächsischen Soldaten ohne Kaffee an Kampfmoral und sie verweigerten ihren Einsatz mit dem Argument: „Ohne Gaffee gönn mer nich gämpfn!“
Im Herzen der Leipziger Altstadt, wenige Meter vom Alten Rathaus entfernt, befindet sich das älteste Kaffeehaus Deutschlands.
Seit 1711 gibt das außergewöhnliche Hauszeichen dem Haus seinen Namen „Zum Arabischen Coffe Baum“. In ihm befindet sich auch seit zehn Jahren das Museum zur mehr als 300-jährigen Leipziger Kaffeegeschichte.
Stadtgeschichte hat auch die Käserei Lehman geschrieben. Ein Familienunternehmen mit Tradition, deren berühmtes Produkt der „Blaue-Sauermilchkäse“ ist, eine über 100-jährige alte Leipziger Käsespezialität, die in Sachsen sehr bekannt und beliebt ist.
Die Sauermilchproduktion am heutigen Standort in der Breitenfelder Straße begann im Jahr 1948. Ab 1985 startete die Erneuerung der Käserei, deren Erweiterung und Umbau nach europäischer Norm im Jahr 1996 abgeschlossen wurde.
2001 fand die Einweihung des Leipziger Käsehauses als Schulungs- und Servicezentrum statt, hier hält man rund 300 internationale Käsesorten nach Ländern geordnet bereit. Heute produziert man neben dem Blauen u. a. Leipziger Käsesalat, feine Leipziger Löwencreme, Bärlauchcreme, Sanddorn-Chilicreme, Pilzcreme und den Köhlerkäse. Das neueste Produkt ist der Sheepa-Käse, eine Käsezubereitung der Doppelrahmstufe, bestehend aus Schafsfeta und Frischkäse aus Kuhmilch, würzig frisch mit Dill/Knoblauch oder Tomatengewürz.
Der Blaue und sein Geheimnis, das lüftet für uns Beate Lehman: „Der Schimmel von unserem Käse kann von Weiß bis Graublau variieren. Zum Anfang der Reifung ist er außen sehr hell und besitzt einen großen quarkigen Kern. Dieser verkleinert sich bis zu seiner Vollreife. Mit der Reifungszeit verändert sich der Geschmack. Wir alle kennen dunklen EdeIschimmel im Roquefort, Cambozola und verschiedenen Edelpilzsorten. Er ist genauso gesund und bekömmlich wie Weißschimmel. Der würzige Geschmack und der feine Geruch von unserem Blauschimmelkäse gewinnt immer mehr Liebhaber“, betont sie.
Dazu gibt es nicht nur für den Durst eine außergewöhnliche Leipziger Bierspezialität – die Gose. Dabei handelt es sich um ein leicht säuerliches obergäriges Bier nach Art eines Weizenbieres mit einem Alkoholgehalt von 4,5 % vol. Ursprünglich hatte die Gose nichts mit Leipzig zu tun, denn der Name des Getränkes leitet sich vom Flüsschen Gose ab, das durch Goslar fließt.
Die Gose kam auf Befehl von Fürst Leopold I. von Dessau, genannt der „Alte Dessauer“, ein überzeugter Anhänger dieser „Gludschen Gose“, nach Leipzig. Nach und nach wurde die Gose ein Leipziger Bier.
Getreu dem Spruch: „Die Studiosen tranken 2 bis 20 Gosen!“, hatte auch der Student Goethe in Leipzig das obergärige Bier reichlich genossen.
Dazu gibt es dann für die ganz hart gesottenen den „Leipziger Allasch“, einen ursprünglich aus dem Baltikum stammendem Kümmellikör.
Dieser wird oft mit der Gose vermengt und ergibt dann das Mixgetränk „Regenschirm“.
In Teil 1 unseres Reiseberichtes berichten wir über Historisches und Kulturelles in Leipzig. Klicken Sie mal rein.
Text: Dr. Michael Polster
Fotos von oben: Leipzig Tourismus und Marketing GmbH/TML-Schneider, Leipzig Tourismus und Marketing GmbH/ML-Schmidt (2 mal), Dr. Michael Polster (2mal), Leipzig Tourismus und Marketing GmbH/ML-Schmidt (2 mal), Dr. Michael Polster, Leipzig Tourismus und Marketing GmbH/ML-Schmidt (2 mal)