Wer kennt Johann Lafer nicht? Diese Frage ist absolut sinnlos. Ist er doch aufgrund seiner zahlreichen TV-Kochsendungen und Kochbücher einem breiten Publikum bekannt. Johann Lafer gehört zu den Köche, die heute der Inbegriff für Spitzengastronomie sind. Er ist der einzige professionelle Koch Deutschlands, dem es gelungen ist, in seiner Person fachliche Kompetenz als Küchenmeister und seine enorme Beliebtheit beim Verbraucher glaubhaft und authentisch nach außen zu vertreten. Johann Lafer hat es geschafft, aus seinem Namen und seinem Können mit Kreativität und Energie eine Premiummarke der Gastronomie sowie der Kochkunst zu machen.
Für Johann Lafer ist “Kochen eine Berufung”. Anlässlich seines 60. Geburtstages traf ihn unser Autor Dr. Michael Polster auf der Stromburg zu einem Gespräch.
Johann Lafer wurde am 27. September 1957 in Graz in der Steiermark geboren. Er wurde in seinem Heimatland Österreich mehrfach als herausragender Botschafter ausgezeichnet und geehrt. Mit Recht, sieht er sich nicht nur als Botschafter des guten Geschmacks, sondern lebt dies auch.
Zurzeit ist sein Restaurant Le Val d’Or unter anderem mit einem Stern im Guide Michelin und 16 Punkten im Gault Millau ausgezeichnet. Lafers Zweitrestaurant in der Turmstube der Stromburg, das Bistro d’Or, wurde vom Gault Millau mit 14 Punkten bewertet.
Seit 2010 ist er “Genussbotschafter Österreichs”. Im selben Jahr wurde er mit dem Silbernen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ausgezeichnet.
Im Wintersemester 2009/2010 war er auch Lehrbeauftragter an der Hochschule Fulda im Fachbereich Ökotrophologie. Seit dieser Zeit engagierte sich Lafer für eine gesunde und nachhaltige Schulverpflegung im Rahmen seines Projektes food@ucation. Er war Betreiber der Schulmensa im Gymnasium am Römerkastell, Bad Kreuznach.
2011 wurde er zum Ehrenpräsidenten des ICA (Institut of Culinary Art) berufen.
Anlässlich seines 60. Geburtstages erscheint sein erstes eigenes Magazin, „Lafer – das Journal für den guten Geschmack“. Und ein neues, opulentes Jubiläums-Buch – getreu nach Lafers Motto: “Ein Leben für den guten Geschmack!”
Lafers größte Leidenschaft ist, neben dem Kochen, das Hubschrauberfliegen. Er lebt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in Guldental.
Johann Lafer im Gespräch
Frage: Johann Lafer wird 60, Zeit also für eine Bilanz?
Johann Lafer( J.L.): Sind 60 Jahre wirklich schon der richtige Zeitpunkt für eine Lebensbilanz? Ich habe noch soviel vor, dass mir dies viel zu früh erscheint. Aber soviel kann ich doch sagen: Ich habe viel Glück gehabt und das in vielfacher Hinsicht, Familie, meine Gesundheit, Menschen die ich zum richtigen Zeitpunkt getroffen habe, Freunde und Partner, die an mich geglaubt haben. Auch die Tatsache, dass meine Visionen und Ideen bisher vom Markt sehr gut aufgenommen wurden betrachte ich als Glück, wenn auch nicht nur, es steckt auch hinter allem viel Arbeit und genau so viel persönlicher Einsatz.
Frage: Wenn man Ihre letzten Jahre überblickt, sind Sie gerne Koch geworden?
J.L.: Ich bin es nicht nur gerne geworden, ich bin es auch heute noch gerne. Ein „echter“ und guter Koch zu sein ist die Verwirklichung meines Jugendtraumes. Koch geworden zu sein, bedeutet viel Arbeit, unglaublichen Enthusiasmus aber und auch viele gute Erfahrungen mit den verschiedensten Menschen. Ich liebe auch heute noch die vielen Anreize aus Küchen ferner Länder. Der Beruf des Kochs schien mir dafür als sehr geeignet. Man sagte immer: „Als guter Koch steht dir die Welt offen“, das stimmt auch heute noch.
Frage: Was muss man für diesen Beruf mitbringen?
J.L.: Kreativität, Neugierde, Bereitschaft zu ungewöhnlichen Zeiten zu arbeiten – oft wenn andere feiern – eine robuste Gesundheit (nur im Winter ist die Temperatur in der Küche angenehm). Ein bisschen Talent, Schaffensfreude und ein gewisser Ehrgeiz seine Sache gut zu machen ergänzen das Ganze. Wichtig ist, dass die handwerkliche Basis mit frischen, unverarbeiteten Produkten stimmt!
Frage: Können Sie was über den „Geschmack Ihrer Kindheit“ sagen?
J.L.: Eine sehr, sehr schwierige Frage. Am Versuch Geschmack zu beschreiben sind schon Leute gescheitert, die berufsmäßig schreiben. Aber versuchen wir es einmal so: Frisch gemähte Wiesen, Heu, der Duft von Erdbeeren, frischen Äpfeln, Gemüse, das bei uns im Garten beim Haus wuchs. Alles was die Menschen, die auf dem Lande groß werden so riechen und schmecken können.
Frage: Was hat Sie am meisten geprägt und warum?
J.L.: In der Jugend natürlich meine Eltern und was das Kochen angeht meine Mutter. Meine Chefin im Gösser Bräu hat mir die Grundlagen beigebracht: ein natürliches Umfeld, die Begeisterung bei gleichzeitiger Selbstverständlichkeit für gute, gesunde Lebensmittel. Und dann waren es doch natürlich eine erlauchte Reihe Köche, von denen ich am meisten profitiert und denen ich meine große Liebe zur feinen, durchdachten Küche zu verdanken habe: Josef Viehauser, Jörg und Dieter Müller, Eckart Witzigmann, Gaston Le Notre. Aber auch heute profitiere ich noch ständig auf meinen Reisen von anderen Küchen und anderen Köchen. Meine Neugierde und mein Wunsch immer mehr von diesem Metier zu erfahren, ist hier sicher die Triebfeder.
Frage: Welche Erfahrungen haben Sie gemacht auf ihrem Weg bis in die Stromburg?
J.L.: Das meiste habe ich in der vorherigen Frage beantwortet. Bevor meine Frau und ich die Stromburg eröffneten, war ich Küchenchef im Val d’Or in Guldental. Da hatte eine junge Frau Silvia Buchholz den festen Vorsatz aus einem Dorflokal ein Gourmet-Restaurant zu machen. Das hat natürlich so einen wie mich interessiert. Dass diese junge Frau ihre Vision in die Realität umsetzte, hat mir gezeigt, dass vieles möglich ist. Wenn man daran glaubt, sich dafür 100%ig einsetzt und viel arbeitet.
Frage: Was ist man in Ihrem Fach? Künstler und/oder Handwerker?
J.L.: Ich möchte jetzt nicht überheblich wirken, wenn ich sage: hauptsächlich ein guter Handwerker, aber auch ein wenig Künstler. Aber ohne die korrekte Basis des Handwerkers ist der Künstler nicht viel wert.
Frage: Sie sind in vielen Bereichen tätig, TV, Kochschule, Hotel, Restaurant, wie bringt man das unter einen Hut?
J.L.: Das geht nur mit einem exzellenten Zeitmanagement und wenn man jemanden hat der einem den Rücken freihält. In meinem Falle ist dies meine Frau. Hinzu kommt ein Team, rund um meinen Chefkoch Marcus Noack, auf das ich mich verlassen kann. Und dass das Team meine Philosophie von Gourmetgastronomie verinnerlicht hat.
Frage: Was bedeutet Ihnen das Team, Ihre Mannschaft?
J.L.: Ohne ein gutes Team, eine gute Mannschaft geht in diesem Metier gar nichts.
Frage: Wie halten Sie es mit dem Thema Ruhm?
J.L.: Was heißt hier schon Ruhm? Berühmt werden die meisten Menschen doch erst, wenn sie gestorben sind und darauf kann ich gerne verzichten. Darum geht es vordergründig doch gar nicht.
Wenn allerdings die Bekanntheit gemeint ist, dann hat diese Medaille zwei Seiten. Es ist schon angenehm, wenn man auf Grund seiner Bekanntheit auch dann noch ein Fußballspiel Ticket kaufen kann, wenn diese schon längst ausverkauft sind. Es kann aber auch weniger angenehm sein, wenn man mit der Familie unterwegs ist und die Kinder erleben, wie der Papa dauernd angesprochen wird, meist freundlich, aber auch…… Ich möchte mich jetzt aber wirklich nicht beschweren, ich wusste ja, auf was ich mich einlasse.
Frage: Was bedeuten Ihnen Sterne?
J.L.: Eine laue Sommernacht, ein Glas Rotwein, gute Gespräche. Aber ich denke diese Sterne sind nicht gemeint.
Sterne, Hauben, Punkte sind Auszeichnungen mit denen sich jeder Koch gerne schmückt. Sind sie doch ein Hinweis darauf, dass man den Gastronomieführern aufgefallen ist. Allerdings bin ich mir immer bewusst gewesen, dass ich nicht für die Gastro-Führer, sondern für meine Gäste koche.
Sie verleihen mir die wahren Sterne etc., wenn sie immer wieder kommen. Wir alle brauchen die Gäste nicht nur zum „Überleben“, sondern auch für das uns Köchen so wichtige Feedback.
Frage: Wie war Ihnen zu Mute als Sie einen wieder abgeben mussten?
J.L.: Es hat mich schon betroffen gemacht. Allerdings hatte ich auch dann Freunde an meiner Seite, die mir mit guten Argumenten halfen. Am meisten aber halfen mir meine Gäste, die sich um den Verlust dieser Auszeichnung wenig scherten, mir die Treue hielten, ganz einfach, weil es Ihnen bei mir schmeckt.
Frage: Thema Genuss: Sind Sie ein „Genussmensch“, was gehört für Sie alles dazu?
J.L.: Ich bin insofern ein Genussmensch, als ich versuche nur Dinge zu essen, die mit frischen Produkten sorgfältig zubereitet wurden und die mir schmecken. Ich kann behaupten, dass ich sehr viel herausschmecke und auch immer mit „großer Nase“ an die Speisen herangehe. Dass wir uns richtig verstehen, dazu gehört auch ein Spiegelei mit Bratkartoffeln.
Frage: An Sie als gebürtigen Österreicher die Frage, sind die „Deutschen“ Genießer?
J.L.: Ich hüte mich grundsätzlich vor Verallgemeinerungen. Für mich gibt es nicht „die Deutschen“, so wenig wie „die Österreicher“. Aber um die Frage zu beantworten. Natürlich gibt es Genießer in Deutschland. Vielleicht nicht so viele wie in Frankreich, wenn man es daran misst wie viel Geld der jeweilige Gast bereit ist für Essen auszugeben. Wenn es gar keine geben würde, hätten meine Kollegen und ich ja 20 Jahre umsonst gearbeitet. Welch furchtbare Vorstellung!
Frage: Was halten Sie von Kochshows in den Medien?
J.L.: Nun als Fernsehkoch des Jahres 2006 kann ich ja wohl schlecht sagen, dass ich nichts davon halte. Man muss aber auch wissen, dass wir alle angetreten sind, um den Menschen das gute, frische Essen wieder nahe zu bringen. Zugegeben, natürlich auch, um sie dadurch zu überzeugen, sich selbst die Freude am Herd zu machen.
Nur so, dachte ich, verstehen sie wenigstens vage, was in den guten Restaurants so passiert. Selbstverständlich koche ich im TV nicht, was wir im Gourmetrestaurant anbieten, da würden die Menschen – wegen Komplikationen – wohl schnell die Lust verlieren.
Wir müssen Schritt für Schritt gehen, um sie überhaupt für das Thema zu sensibilisieren. Die Kochshows haben eine Entwicklung hin zur Unterhaltung genommen.
Aber ist das etwas Schlechtes, Menschen gut zu unterhalten und Ihnen dabei noch einiges beizubringen? Das Thema ist entscheidend, die Menschen können inzwischen die Spreu vom Weizen trennen.
Frage: Sterben die Genießer durch den Vormarsch der Fast-Food-Ketten aus?
J.L.: Das glaube ich eigentlich nicht. Ich denke, dass die Fast-Food-Ketten Ausfluss unserer gesellschaftlichen Entwicklung sind. Wir nehmen uns für nichts mehr richtig Zeit und es gibt keine Mittagspausen mehr.
Wenn ich allerdings die endlos langen Anmeldelisten für meine Kochschule sehe, kann ich nicht wirklich glauben, dass die Genießer aussterben. Also: alles zu seiner Zeit.
Frage: Was muss man tun und wie?
J.L.: Man muss den Menschen zeigen, dass ein gesundes Essen mit frischen Produkten zuzubereiten nicht schwer ist. Darum bemühe ich mich in meinen wöchentlichen Sendungen, aber auch in meiner Kochschule.
Frage: Welche Verantwortung trägt die Gastronomie für die Tischgäste von Morgen?
J.L.: Ohne jeden Zweifel eine sehr große. Der Weg ist das Ziel, wir müssen die Freude am Genuss, an guten Gesprächen und an emotionalen Erlebnissen wecken.
Frage: Was tut Johann Lafer dafür?
J.L.: Ich spreche schon die ganze Zeit davon. Man muss den Menschen in unseren Restaurants ein Erlebnis verschaffen, das andauert, das den Wunsch erweckt, besser zu essen. Viele meiner Aktivitäten zielen darauf den Mitmenschen zu zeigen, dass dies auch ohne großes finanzielles Polster möglich ist, nicht zuletzt helfen hier auch meine Kochbücher.
Frage: Wie wichtig ist Ihnen Ihre Familie?
J.L.: Ich denke da müssen wir uns nicht allzu lange aufhalten. Sie bedeutet mir alles. Mein schlechtes Gewissen zu wenig Zeit für sie zu haben, hört nie auf mich zu peinigen.
Frage: Welche Persönlichkeit der Zeitgeschichte würden Sie gern mal „zu Tisch“ bitten und warum?
J.L.: Es ist mir nicht möglich, hier ein Ranking aufzustellen. Viele, ja sehr viele Persönlichkeiten waren schon bei mir zu Gast, ohne dass die Öffentlichkeit das aktuell wahrgenommen hat. Vielleicht kommen sie deshalb so gerne. Nein, mir ist jeder Gast willkommen, der erwartungsfroh kommt, sich auf einen angenehmen Abend freut, und bereit ist auch einmal neue Wege mitzugehen. Unterschiede möchte ich da keine machen.
Frage: Welchen Kollegen Ihrer Zunft würden Sie gern mal treffen?
J.L.: Da habe ich noch weniger Mangelerscheinungen, zumal es hundertfach Gelegenheit gibt, mit den Kollegen Kontakt aufzunehmen. Zum Beispiel über unsere Vereinigung Relais & Châteaux, in welcher die meisten der großen Köche verbunden sind.
Frage: Haben Sie ein Lieblingsgericht, können Sie unseren Lesern das Rezept dazu verraten?
J.L.: Gerne, es ist das echte „Wiener Schnitzel mit Bratkartoffeln und Salat“. Ein Rezept das ich wohl in allen Kochbüchern gebracht habe. Aber, im Ernst, ich liebe alles, was mit guten Zutaten liebevoll bereitet wurde.
Frage: Sie haben sich in den letzten Jahren für eine optimale Schulverpflegung an den deutschen Schulen engagiert und dafür selbst an einem Gymnasium den Kochlöffel geschwungen. Sie sind mit dem Goldenen Teller des Deutschen Netzwerkes für Schulverpflegung (DNSV) für Ihr Lebenswerk in Sachen Schulessen ausgezeichnet worden. Wie fällt Ihre Bilanz aus, wo steht unsere Schulverpflegung heute?
J.L.: Sie steht auf jeden Fall besser da als früher. Heutzutage werden an vielen Schulen Konzepte zur gesunden Ernährung umgesetzt und die Schüler und Eltern sensibilisiert. Zudem gibt es außer mir ja auch noch andere Kollegen, die sich eine bessere Schulverpflegung auf die Fahne geschrieben haben und sich mit Engagement dafür einsetzen.
Frage: Die letzten Jahre waren eine stürmische Zeit für Sie und Ihre Frau, wie sieht Ihre Bilanz dazu aus?
J.L.: Letztendlich hat sich in dieser schwierigen Zeit die Teamarbeit bewährt, wir sind zusammen dadurch gewachsen. Heute sind die Probleme aus der Welt geschaffen und ich bin wieder in meinem Gleichgewicht.
Frage: Was wird in Zukunft von Johann Lafer noch zu erwarten sein, sie bauen die Stromburg um und sind kulinarischer Berater im Schlosshotel Fleesensee?
J.L.: Eine konsequente Fortsetzung meines eingeschlagenen Weges. Die Verwirklichung meiner Vision, dass nur eine gesunde schmackhafte Ernährung auf der Grundlage frischer, nachhaltig erzeugter Produkte die Gesundheit unserer Kinder und unsere eigen sichert.
Für die nachhaltige, gesunde und schmackhafte Ernährung der Kinder werde ich mich engagieren. Sie sollen das gleiche Wohlbefinden, die gleiche Geborgenheit wie ich früher spüren dürfen, wenn jemand liebevoll, frisch, wohlriechend und -schmeckend für sie kocht.
Frage: Was wünschst sich Johann Lafer für die Zukunft?
J.L.: Dass ich weiterhin in der Lage bin meine Vision zu verwirklichen. Meine Ideen – Und es werden nicht weniger – zu realisieren und dass ich dazu beitragen kann, meine Mitmenschen davon zu überzeugen, dass sich auch bei der Ernährung und vor allem bei der unserer Kinder vieles ändern muss.
Lieber Johann Lafer, gestatten Sie mir einen Nachsatz:
Wir wünschen Ihnen Glück und Gesundheit zu Ihrem Ehrentag und viel Schaffenskraft für die Zukunft und vor allem viel Erfolg weiterhin für die gute, genussvollste Sache der Welt, unsrer aller leibliches Wohl.
Auch im Namen der Redaktion Glückwunsch und Dank für die anregende Zusammenarbeit. Ein asiatische Gleichnis möge ein persönlicher Dank sein: „ Wenn ihr einmal wisst, wie der Teig zu Brot wird, dann versteht ihr, was Erleuchtung ist.“
Autor: Dr. Michael Polster
Fotos: Johann Lafer, Gräfe und Unzer, Steiermark Tourismus, Annemarie Heinrichsdobler