Bei Familienbetrieb im Gourmetrestaurant denkt jeder an Tradition und Stillstand? Nicht bei den Döllerers, die nutzen ihre Familienbande für den Ausbau ihrer Kompetenzen zu effektiven Synergien. Auf welche Neuerungen der Gast sich 2020 freuen darf, lesen Sie hier.
Familientradition im Hause Döllerer
Das Konzept ist durch und durch gewachsen. Angefangen hat Hermann Döllerer1909 mit der Metzgerei im schönen Golling an der Salzach, nahe Hallein im Salzburger Land. Damals beschäftigte er vier bis fünf Metzger und keine zusätzlichen Angestellten für die nur im Sommer geöffnete Wirtschaft.
In den 1970ern übernahmen die Söhne Herrmann und Raimund – bis heute verantwortlich für die Bereiche Gastronomie und Metzgerei – nach dem überraschenden Tod des Vaters. Es gab Eisbein zu Budweiser für die vielen englischen, niederländischen und deutschen Touristen, die in dieser Zeit nach Golling kamen.
Anfang der 1980er begann der heutige Senior-Chef Hermann sich für die gehobene Küche zu interessieren. Er besuchte Kochkurse unter anderem bei Otto Koch und Witzigmann. Daraufhin lernte er seinen Küchenchef an, der ihm schnell die erste Haube erkochte – damals eine Besonderheit.
Ende der 1980er engagierte er für sein Gourmetrestaurant einen Küchenchef aus Witzigmanns Aubergine, der die zweite Haube schaffte. In dieser Zeit knüpfte er auch erste Kontakte zu Winzern wie Trieb, Hirzberger, Knoll – alles berühmte österreichische Weinhäuser.
Alpenländische gehobene Küche im Gourmetrestaurant
Aufgrund der neuen Ausrichtung Gourmetküche bestand die Gefahr, dass langjährige Stammgäste, Wirtshausbesucher oder Radlfahrer und Wandersleute, die einfach auf einen Eiskaffee einkehren wollten, wegblieben. Daher war die Idee zur Trennung von Wirtshaus und Restaurant die richtige Entscheidung.
Bis vor einigen Jahren waren beide nur durch eine Glasscheibe getrennt. Heute gibt es getrennte Räumlichkeiten, die den jeweiligen Küchenstilen angepasst sind. Hinter den rustikalen Gaststuben befindet sich das moderne Fine Dining Restaurant mit 18 Punkten im Gault Millau und drei Hauben, daneben eine Weinbar sowie ein lauschiger Innenhof.
Das Wirtshaus trägt ebenfalls stolze zwei Hauben. Eine Küchencrew, zwei Speisekarten: Das Angebot ist traditioneller. Es gibt aber stets Parallelen zwischen den verwendeten Lebensmitteln.
„Wir wollten nach wie vor eine Gastronomie für alle Bedürfnisse sein“, erklärt Sohn Andreas Döllerer, seit 2004 Küchenchef und bekannter österreichischer Fernsehkoch.
Bevor er mit 23 Jahren bereits Küchenchef beider Gastronomien wurde, zusammengefasst unter dem Titel „Genusswelten“, absolvierte er die Hotelfachschule in Bad Hofgastein und gastierte bei Dieter Müller in Bergisch Gladbach.
Während der Schulzeit half er bereits zwei Tage in der Woche im elterlichen Betrieb mit und bekam da schon einen guten Einblick. Lesen Sie hier mehr über den Haubenkoch Andreas Döllerer und probieren Sie eines seiner Rezepte zuhause.
In Golling logieren zu den Gollinger Festspielen
Aus einer geselligen Runde mit befreundeten Musikern der Wiener Kammerspiele und der kreativen Inspiration des Seniorchefs sind die Gollinger Festspiele entstanden. An ihren freien Tagen spielen Künstler der Festspiele seitdem in Golling vor etwa 140 Menschen im kleinen Saal der Burg.
Bei schönem Wetter passen in den Innenhof bis zu 300 Besucher – die Unmittelbarkeit und die heimelige Atmosphäre zeichnet die Veranstaltung aus. Dazu trägt auch das Festessen bei, das der Gast wahlweise im Wirtshaus oder im Restaurant vor oder nach einer der 17 unterschiedlichen Konzerte besuchen kann. Gut die Hälfte aller Konzertbesucher, die zum großen Teil aus der Region kommen, speist und nächtigt beim Döllerer. Auch das Publikum der Salzburger Festspiele entdeckt die Events zunehmend.
Die Karte im Wirtshaus wechselt alle vier bis sechs Wochen. Im Restaurant werden nur einzelne Gerichte ausgetauscht. Auch im Wirtshaus müssen die Klassiker bleiben. Viele der Stammgäste kommen extra wegen der Innereien wie Kalbsbries oder Beuschl.
Für Hotelgäste in dem Viersternehotel, das sich in den oberen Etagen des historischen Gebäudes befindet, gibt es Angebote wie das für drei Abendessen in drei Gastronomien. Das dritte ist eine Weinverkostung in der Enoteca.
Gespür für Weine im Gourmetrestaurant
Unter dem Wirtshaus im historischen Gebäude von 1404, das eine bewegte Geschichte von der Postkutschenstation bis zum Gericht hinter sich hat, liegt der alte Weinkeller. Das alte Gewölbe bietet bis heute die ideale Temperatur für die Weinlagerung. Während der moderne Keller nebenan gekühlt ist, funktioniert das Gemäuer von selbst.
Vor fast 20 Jahren reichte auch dieser Platz nicht mehr aus für den florierenden Weinhandel. Das war die Geburtsstunde der Enoteca, die zunächst als Lager für 30.000 Flaschen Wein und Spirituosen konzipiert, heute auch Platz für gesellige Runden und private Feiern bietet. Im oberen Stockwerk sitzt hier die Verwaltung von Weinhandel über Gastronomie bis hin zu Metzgerei und Cateringbereich.
Spezialitäten aus der hauseigenen Metzgerei
Geschlachtet wird übrigens schon lange nicht mehr selbst, dafür aber zerlegt und gewurstet. Der Trend beobachte man, gehe hin zu Spezialitäten. Dazu passen Feinkostprodukte und Arrangements, etwa die Präsentkörbe in der Metzgerei. Diese enthalten rund um ein Rezept Andreas Döllerers alles dafür notwendige – von frischen Kräutern bis zum passenden Wein.
Auch in der Enoteca gibt es einen Geschenkeladen, ganz nach dem Motto: Während der Mann den Wein aussucht, findet Frau Entzückendes fürs Auge.
Genuss hat Priorität – Gourmetrestaurant, Weine und Spezialitäten
Zum hohen Stellenwert von Genuss im Familienbetrieb passen die ausgesuchten Weine und Getränke nicht nur im Weinhandel, sondern auch und gerade im Gourmetrestaurant sowie im Wirtshaus.
Seit mehreren Jahren leitet diesen Bereich Alex Koblinger. Der gebürtige Oberösterreicher ist einer der insgesamt nur 236 Master-Sommeliers weltweit. Nach Stationen in London und Dubai arbeitete er für elf Jahre im Restauranthotel Obauer in Werfen. „Ein Wechsel war notwendig, denn jetzt “, sagt der Sommelier mit über 20 Jahren Berufserfahrung. „habe ich die Möglichkeiten, meine Ideen umzusetzen“.
In seiner Weinwerkstatt veranstaltet er praxisnahe Weinseminare und Workshops für Fachleute und Privatpersonen. Drei Tage pro Woche arbeitet er als Sommelier im Restaurant mit den beiden anderen Sommeliers. Diese Kombination zwischen praktischer Sommeliersarbeit und Management ist ihm wie auf den Leib geschnitten.
Text: Verena Wagner
Fotos: Döllerer Genusswelten