Unsere Geheimtipps für Portugal entführen Sie heute ins Alentejo – Portugals Hinterland, das nur sehr wenige Reisende besuchen. Eine Reisereportage und ein Roadtrip durch das Alentejo, Portugals Hinterland.

Im Sommer bewahrheitet sich, dass der Alentejo keinen Schatten hat, als den, der vom Himmel kommt.

Portugals Hinterland entdecken

Portugals Hinterland, das Alentejo versteht es, sich auch ohne spektakuläre Höhepunkte eindringlich in Szene zu setzen.

Vor allem hier in den Hügeln oberhalb von Aldeia da Serra. Das Convento Sao Paulo ist ein mittelalterliches Kloster, eine Quinta, wie die alten portugiesischen Herrensitze hier heißen. Im Besitz der Familie de Leottes ist es seit zwei Jahrzehnten nun ein Hotel. Es steht im Herzen des Alentejo – der zwar größten, aber unbekanntesten und am dünnsten besiedelten Region Portugals.

Das Gebiet „jenseits des Tejo“, Portugals Hinterland erstreckt sich von Lissabon nach Osten bis zur spanischen Grenze und im Norden vom breiten Tejo bis hinunter zur Algarve.

Riesige Olivenhaine, Weiden und Kornfelder überziehen die sanftwellige, ockerfarbene Hügellandschaft. Kleine Herden von Rindern, Schafen und Schweinen suchen im Schatten majestätischer Laubbäume Schutz vor der gleißenden Sonne. Beruhigender Friede liegt über der Gegend, die trügerische Leichtigkeit vorgaukelt.

Schon in der Römerzeit war es das Land der großen Latifundien mit ausgedehnten Kornfeldern, Korkeichen-, Wein- und Ölbaumplantagen. Während der „Nelkenrevolution“ wurden hier über tausend Großgrundbesitzer enteignet und Agrarkollektive gegründet. Doch es blieb bei der Hoffnung auf Veränderung. Heute ist wieder fast alles beim alten, das Leben im Alentejo ist hart.

Geheimtipps für Portugal: Alentejo - Portugals Hinterland

Ein Roadtrip durch das Alentejo

Ausgangspunkt unserer Fahrt durch das Alentejo war unsere Ferienwohnung. An unserem Weg liegen Bilderbuch-Städtchen, deren weiße Häuserwürfel von trutzigen Burgen überragt werden. Das ungeschriebene Gesetz, jedes Haus zweimal jährlich frisch zu tünchen, nehmen die Einheimischen sehr ernst. Tür- und Fensterrahmen sind blau und gelb bemalt, Bougainvilleen in allen Violetttönen schlingen sich die Wände hoch. Dazwischen herrscht über viele Kilometer Einsamkeit.

Trotz des malerischen Eindrucks: Das Leben im kargen Grenzland ist geprägt von Armut, die durch jahrelange Trockenheit und von der EU verordnete Flächenstilllegungen dramatische Ausmaße angenommen hat.

Unerträglich heiße Sommer und lausig kalte Winter bescheren den Bauern schwierige Arbeits- und Ertragsbedingungen mit vielen Unberechenbarkeiten. Einer der wenigen florierenden landwirtschaftlichen Erwerbszweige ist die Korkproduktion. Die rostroten Korkeichen bedecken so auch in den Ebenen große Flächen. Aber nur alle neun Jahre kann die Baumrinde geschält werden.

Évora: Kultureller und kulinarischer Anziehungspunkt

Geheimtipps für Portugal: Alentejo - Portugals HinterlandNicht weit von Aldeia da Serra entfernt erhebt sich Évora aus der goldgelben Ebene. Die Stadt war zur Zeit Julius Cäsars unter dem Namen „Liberalitas Iulia“ einer der bedeutendsten Handelsplätze der Iberischen Halbinsel und zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert zeitweise Residenz der portugiesischen Könige.

Nach der Verlegung der Regierungsgeschäfte nach Lissabon war Évora lange Zeit ein Mauerblümchen, bis es 1986 von der UNESCO zum Weltkulturdenkmal erklärt wurde. Heute ist die Provinzhauptstadt wieder die größte und schönste Stadt des Alentejo.

Wer die Stadt mit ihren 30 Kirchen und Klöstern und den maurisch anmutenden Palästen kennen lernen will, braucht mehr als einen Tag und vor allem solides Schuhwerk. Durch steile Kopfsteinpflastergassen erreicht man den Praca do Giraldo. Auf dem weiten Arkadenplatz gesäumt von teilweise noch antiken Säulen kann man im Cafe Arcadia beim Renaissancebrunnen sich auf das Städtchen einstimmen.

Dann streben alle zur Sé, der Kathedrale, in einem Übergangsstil von der Romanik zur Gotik 1186 errichtet, zählt sie zu den eindrucksvollsten mittelalterlichen Bischofskirchen in Portugal.

Gegenüber der Kirche steht auf hohem Sockel der „Dianatempel“ mit 14 korinthischen Granitsäulen, signifikantester Zeuge der römischen Antike, von dem aber keiner genau sagen kann, ob er wirklich der Jagdgöttin gewidmet war. Dass der Tempel lange Jahre als Schlachthaus zweckentfremdet war, mag ziemlich roh anmuten. Doch nur dies verhinderte den drohenden Abbruch.

Kulinarische Geheimtipps für Portugal

Évora ist nicht nur kultureller, sondern auch kulinarischer Anziehungspunkt. In den lauschigen Eckkneipen kann man verführerische Petiscos ordern, das portugiesische Pendant zu den spanischen Tapas.

Da gibt es etwa Knoblauch geschwängerte Rauchwurst, eingelegte Bohnen, wilden Spargel, auch getrockneten Schinken und dazu das beste Brot der Welt.

Gebacken im Holzofen, ist es von fester Beschaffenheit. Bei jeder Mahlzeit ist es zugegen und wesentlicher Bestandteil des „Migas“ genannten würzigen Brotbreis, der Brotsuppen, zum Aufsaugen der leckeren Saucen der „Ensopados“, die man am ehesten mit Gulaschgerichten vergleichen kann und in Form einer köstlichen Nachspeise den „Fatia Douradas“.

Die Luft ist erfüllt von dem Duft der Kräuter, die ihren Weg direkt aus den Gärten in die Küchen finden: Koriander, Poleiminze, Oregano, Petersilie, Thymian, Rosmarin. Dazu noch einen Schuss reines Olivenöl, das mit fast allem harmoniert.

Alentejanischer Käse und Wein von überraschender Qualität, als exzellenter Start oder besser noch zum Abschluss einer Mahlzeit, haben inzwischen unter Kennern einen festen Platz. Die Einführung der kontrollierten Herkunftsbezeichnung hatte zur Folge, dass heute eine erstaunliche Palette von Erzeugnissen aus kleinen Familienbetrieben stammt.

Einen ganz besonderen Platz zum Genießen ist sicherlich das in den Galerien des schönen Kreuzgangs angesiedelte Hotelrestaurant hinter den massigen Mauern der Pousada dos Lóios – einem spätgotischen Kloster.Geheimtipps für Portugal: Alentejo - Portugals Hinterland

Soweit das Auge blicken kann

Diese Landschaft fordert und lockt – Weite, soweit das Auge reicht. So sollte man es auf keinen Fall versäumen, in Ruhe durch das hügelige Gebiet zu fahren und die wechselnden Farbsymphonien der Natur auf sich wirken zu lassen.

 

Als Ziel bietet sich Beja an, die in einer weiten Ebene liegende zweitgrößte Stadt des Alentejo. Das Zentrum der Weizenregion war als Pax Julia bereits eine wichtige Stadt des römischen Lusitanien. Die Burganlage mit dem hohen Bergfried geht bis in die Römerzeit zurück. Die Westgoten machten sie später zum Bischofssitz.

Fährt man dann über die N 260, erreicht man nach ca. 30 km Serpa, ein typisches weißes Alentejo-Städtchen in burgbekrönter Hügellage, in dem die Luft flimmert.

Ein Bootsausflug auf dem Alqueva, ausgehend vom Bootshafen Amieira, erfrischt und fasziniert. Der größte künstliche Binnensee Europas hat die teils karge, teils von Geheimtipps für Portugal: Alentejo - Portugals HinterlandWeizenfeldern geprägte Landschaft grundlegend verändert. Er trägt seit Beginn des neuen Jahrtausends zu einer Milderung der hohen Temperaturen im Landesinneren bei.

Durch dünn besiedeltes Grenzland geht es auf einsamen Nebenstraßen hinauf nach Monsaraz. Dies ist die ehemalige Grenzfestung der Tempelritter, hoch über der Guadiana-Ebene.

Der autofreie Bilderbuchort mit seinen weißgekalkten Häusern und der atemberaubenden Weitsicht läßt jeden seinen eigenen Rhythmus selbst bestimmen. Die Zeit steht still…

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Text: Annemarie Heinrichsdobler
Fotos: Alentejo / Francisco Almeida (Titelbild), Antonio Sascchetti, Nuno Calvet, John Copland (2x), Josef Manuel (2x)

 

 

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