Wer bestimmt die aktuellen Cocktailtrends? Diese Frage hat sich auch Karsten Kuske, Inhaber der Barschule Rhein-Main, gestellt und sie im Folgenden beantwortet.
Auf den meisten Barkarten finden sich oft nur Standard-Drinks wie Piña Colada, Caipirinha und Co. Klar ist: stehen nur diese auf der Karte, werden auch nur diese von den Gästen geordert. Wie soll sich denn da ein neuer Trend entwickeln?
Die eigentlichen Trendsetter sind im Grunde die Bartender. Sie haben es in der Hand, durch ein gut geführtes Beratungsgespräch ihre Gäste an neue Mixturen heranzuführen.
Heißkalt serviert
Auf der Suche nach einem besonderen Geschmackserlebnis können die Wege in verschiedene Richtungen verlaufen. Zunächst ist da eine neue Idee, wie die einer anderen Art der Cocktailzubereitung oder die, ungewöhnliche und neuartige Produkte für die Zubereitung der Cocktails zu verwenden.
Viele Ideen sind nicht neu, sondern werden nur aus anderen Bereichen übernommen, mit zum Teil sehr erstaunlichen Ergebnissen.
Bestes Beispiel hierfür sind die Molekular-Cocktails sowie das Verwenden von Küchenkräutern für die Cocktails (Cuisinestyle-Cocktails). Das sind Trends, deren Wurzeln ganz klar aus dem Küchenbereich kommen.
Die Molekular-Cocktails spielen mit dem Geschmacksempfinden. Hier werden die verschiedenen Sinne angesprochen. Denn „molekular“ bedeutet, dass wir die Cocktails in ihrer Struktur verändern.
Was normalerweise flüssig ist, wird als Schaum (Espuma), Lollipops, Papier, Puder, Gelees oder Kaviarkügelchen dargereicht. Diese Drinks erhalten somit eine andere Viskosität. Auch verschiedene Temperaturen kommen hier zum Einsatz. Hierzu werden z. B. Espumas in flüssigen Stickstoff getaucht. Dadurch gefriert die äußere Schicht. Somit sind sie außen hart und innen cremig.
Drinks werden oft halb heiß und halb gefroren serviert, wobei das Spiel mit heiß und kalt auch schon ein alter Hut ist. Denn auch bei einem Irish Coffee haben wir eine heiße Whiskey-Kaffee-Mischung mit einer zweiten Schicht aus kalter, halbgeschlagener Sahne darauf.
Selbst eine unterschiedliche Viskosität im Drink ist bekannt, wie bei dem B52. Hier haben wir die Zähflüssigkeit der Liköre (Kahlua und Baileys) und die Leichtigkeit der Spirituose.
Die Textur eines Drinks lässt sich ganz einfach auch ohne Dickungsmittel und Gelatine verändern. Durch die Zugabe von Eiweiß werden die Cocktails samtiger und cremiger.
Ei oder Eiweiß ist ein fester Bestandteil vieler klassischer Drinks. Wegen der Salmonellengefahr wurden Getränke mit rohen Eiern häufig nicht mehr angeboten. Dieser Trend kommt aber gerade wieder.
Altbewährtes kommt wieder
Die Molekular-Cocktails lassen sich in der häuslichen Bar nur schwer umsetzen. Einfacher sind die sogenannten Cuisinestyle- oder Kitchen-Cocktails.
Bei diesen Drinks werden Produkte aus dem Küchenbereich mitverwendet. Genauer gesagt, wir aromatisieren schon bekannte Drinks mit einem zusätzlichen Aroma von Kräutern, Gewürzen, Gemüse oder Marmeladen.
Sogar Essig und Senf finden im Cocktail Verwendung und das mit sehr erstaunlichen Ergebnissen. Hier ist alles erlaubt, was schmeckt. Wir erhalten dadurch eine große Vielfalt an Geschmackskombinationen.
Dennoch ist es nicht gerade einfach, etwas Neues zu kreieren, denn vieles wurde schon einmal gemacht. Aber wir nehmen Altbewährtes und wandeln es einfach ab oder geben ihm einen zusätzlichen Geschmack.
Das zeigt ein aktuelles Beispiel neuer Cocktailkreationen. Um das etwas verstaubte Image des Cognacs aufzubessern, hatte das B.N.I.C. (Bureau National Interprofessionnel du Cognac) einige der berühmtesten Barmänner der Welt eingeladen, um in einem dreitägigen Workshop einen neuen Cocktail zu kreieren, der das Potenzial haben soll, ein globaler Verkaufsschlager zu werden.
Es ist schwer, Cocktailklassiker mit Cognac wie Side Car oder Prince of Wales noch zu toppen. Das Ergebnis des Brainstormings der Barmänner ist der „Summit“. Er besteht aus Cognac, Limonen- und Gurkenschale sowie Ingwer und Zitronenlimonade.
OK, Cognac aufgefüllt mit Zitronenlimonade ist jetzt nichts Neues. Auch Zitrusfrüchte in Verbindung mit Cognac sind schon da gewesen. Und selbst Gurke und Ingwer in Cocktails ist keine Weltneuheit.
Ich finde, es ist ein gutes Beispiel und zeigt ganz deutlich, dass eine neue Kreation meist auf schon bekannten Zutaten basiert und dass es selbst für die Weltelite kein Leichtes ist, einen neuen Trend zu setzen.
Im Grunde genommen werden bei den neuesten Trends altbewährte Zusammensetzungen neu kombiniert oder erweitert. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass alte Klassiker wieder stark im Kommen sind und zwar so, wie sie ursprünglich zubereitet wurden.
Oft fehlte jedoch noch eine Originalzutat. Dies wiederum führt im Augenblick dazu, dass alte Spirituosen wie der Old Tom Gin wiedergeboren oder alte Rezepte für Bitters neu auf den Markt gebracht werden. Ein gutes Beispiel sind die TBT-Bitters.
Was wird der nächste Cocktailtrend sein? Welcher Klassiker wird wiedergeboren? Sind es
z. B. die Bowlen? Zumindest werden alte Getränke wiederentdeckt.
Ein Trend, der sich nie ändern wird, ist der nach Qualität und dem bewussten Cocktailgenuss.
Viele leckere Cocktails finden Sie in unserem Rezeptarchiv.
Text: Karsten Kuske
Fotos: Fotos: Karsten Kuske / Campari Deutschland / Bacardi