Warum sind Namen wie Carbernet Blanc, Solaris und Souvignier Gris wichtig – nicht zu verwechseln mit Cabernet Sauvignon oder Sauvignon Blanc? Es sind die in Deutschland meistangebauten weißen PIWI-Sorten, pilzwiderstandsfähige, die man viel, viel weniger spritzen muss. Interessant für Weinfreunde!
Der Hintergrund sind Schadpilze die schon im 19. Jahrhundert aus der neuen Welt eingeschleppt wurden und viel Schaden anrichten. Denn leider sind unsere beliebten europäischen Reben dagegen sehr anfällig und müssen bis 20mal und mehr pro Jahr gespritzt werden.
So kam die Idee auf, in Amerika heimische Reben, die dort gut gedeihen und offensichtlich gegen diese Pilze resistent sind, mit unseren europäischen zu kreuzen.
Die ersten Erfolge begannen schon vor dem ersten Weltkrieg. Heute wird das Züchten international und wissenschaftlich betrieben und die Neuzuchten auf ihre Resistenzgene untersucht, so dass PIWI-Sorten in der Regel bis höchstens dreimal im Jahr gespritzt werden müssen. Viele engagierte Winzer haben PIWI-Sorten im Anbau und erzeugen damit erstklassige Weine.
Cabernet Blanc: elegante Weine
Die Weine probieren sich sehr elegant, in Richtung Riesling, mit dezenten Noten von grüner Paprika. Die PIWI-Sorte stammt von dem bekannten Schweizer Züchter Valentin Blattner und wurde in Deutschland 2014 zum Erwerbsanbau zugelassen. Die Fläche beträgt inzwischen um 260 ha (Statistisches Bundesamt 2022).
Ein sehr gutes Beispiel bildet der 2022 Dürkheimer Cabernet Blanc trocken Deutscher Qualitätswein Pfalz vom Weingut Hauer in Bad Dürkheim, der 93 Punkte beim jüngsten PIWI International Wine Challenge 2023 erhielt: Im Duft Stachelbeermarmelade, Nektarinen, unterlegt mit einem Hauch grüne Paprika; auf der Zunge ein süffiger, fruchtiger Tropfen mit dezenter Kräuternote und einem Hauch Earl Grey, gut passend zu Grillsteaks oder Grillhähnchen.
André Hauer, Junior im Weingut: „Wir sind sehr zufrieden mit Cabernet Blanc. Wir bauen den Wein in Edelstahl aus und betonen dezent die grünen Paprikanoten.“
Schöner Vertreter Cabernet Blanc, für den der’s milder mag:
2022 Cabernet Blanc Edition Klosterhof Deutscher Qualitätswein Württemberg vom Weinkonvent Dürrenzimmern, TOP GOLD beim PIWI Challenge: Sehr harmonischer Tropfen, bei dem man mit der Nase quasi in die Frucht fällt, was sich auf der Zunge elegant fortsetzt mit aufsteigender Würze im Finish. Schön zu würzigen Speisen, wie Grillsteaks oder Gulasch, auch zu Kassler.
Kellermeister Miguel Essig: „Wir lassen die Trauben sehr gut ausreifen, was mit PIWIs der gesunden Trauben wegen prima geht, um die Aromen gelbfleischiger Früchte zu betonen, wozu ich auch die Maische vor dem Pressen ein wenig stehen lasse.“
Solaris: etwas würzigere Weine
Die PIWI-Sorte Solaris wurde vom Staatlichen Weinbauinstitut in Freiburg/Breisgau gezüchtet, ist in Deutschland seit 2004 zum Erwerbsweinbau zugelassen und mit über 200 ha vertreten und liefert etwas würzigere Weine.
Ein gutes und interessantes Beispiel ist der 2022 Solaris Deutscher Wein trocken von Weinbau Christian und Monika Seyfried in Haunswies, 90 Punkte beim PIWI Challenge: im Duft Liebstöckel, Pfirsichkompott, ein Hauch Orangeat; auf der Zunge lebhafte Frucht leicht salzig unterlegt.
Die beiden Seyfrieds betreiben ein total neues Weingut im Wittelsbacher Land nicht weit von Augsburg. Der Klimaerwärmung wandert der Weinbau auch in kühlere Regionen. Meist legen die neuen Winzer gleich PIWI-Sorten an. Eingestuft als Deutscher Wein, weil das Wachstum natürlich nicht in einem der Qualitätsweinbaugebiete liegt.
Souvignier Gris: sehr elegante Weine
Die PIWI-Sorte wurde ebenfalls vom Staatlichen Weinbauinstitut in Freiburg/Breisgau gezüchtet und in Deutschland 2013 zum Erwerbsanbau zugelassen.
Ein schöner Vertreter: 2020 Souvignier Gris Biowein Badischer Landwein, im Holzfass ausgebaut vom Weingut und Brennerei Andreas Dilger in Freiburg/Breisgau – GOLD beim PIWI Challenge: Feingliedrige Nase mit Noten von Pfirsichen, Sandkuchen, Zitronat, am Gaumen sehr stoffig, schön zu Räucherfisch oder Wiener Schnitzel.
Andreas Dilger zählt zu den deutschen PIWI-Pinonieren und fungiert als 1. Vorsitzender des Vereins PIWI Deutschland e.V.
Ein langer Weg, aber lohnend,
wegen des viel geringeren Spritzens
Da Reben über Jahrtausende via Stecklinge geklont werden, fallen sie bei Samenvermehrung in Vorformen zurück. Dann braucht es Testanpflanzungen zum Selektionieren mit Prüfung der Resistenzen und gleichzeitigen Test des daraus gewonnen Weine.
Dann dauert es von der Anmeldung beim Bundessortenamt bis zur erwerbsmäßigen Zulassung nochmals Jahre. Ein weiterer Schritt ist die Zulassung der Sorte für Qualitätswein in den Qualitätsweinanbaugebiete durch die entsprechenden Gremien, was auch abgelehnt werden kann.
PIWI International
Um PIWI-Weine zu fördern, haben sich rund 1.000 Winzer, Züchter, Wissenschaftler und Rebschulen in über 20 Ländern im Verband PIWI International zusammengeschlossen. Die Mitglieder reichen von Nepal über die klassischen europäischen Weinbauländer weiter über Polen und Schweden bis hin nach Kanada. Der Name kommt von „pilzwiderstandsfähig“, weil die Bewegung vom deutschsprachigen Raum ausging.
Weitere interessante Weinnotizen finden Sie hier.
Text: Dieter Simon
Fotos von oben: ©Dieter Simon, ©Nutcha – Adobestock, ©Rebschule Freytag, Weinkonvent Dürrenzimmern ©Dennis Dorwarth; Dilger ©L. Greiner