Eingebettet zwischen den höchsten Bergen der Welt liegt ein Land voller Kultur und Mystik. Kuzo Znagpo La heißt willkommen und ist der Beginn von „entschleunigtem“ Reisen. Bhutan ist das Land des Buddhismus, des Bruttonationalglücks und des nachhaltigen Naturschutzes. Hauptsache glücklich, das hat auch uns verändert.
Wir entdeckten ein Land voller Kontraste, Farben, Spiritualität und Schönheit. Schneebedeckte Gebirgszüge, verschlafene Bergdörfer und zahlreiche Klosterburgen.
Happiness hat oberste Priorität
Glück und Zufriedenheit gilt als staatliches Entwicklungsziel.
Als einziges Land der Welt misst Bhutan seinen Wohlstand nicht am Wirtschaftswachstum, sondern am Wohlbefinden seiner Menschen.
Die Bedeutung von Natur und nachhaltigen Wirtschaften wird durch den Begriff des “Bruttonationalglück” deutlich, den der frühere König Bhutans Jigme Singye Wangchuk 1972 geprägt hat. Seither wird das Bruttonationalglück gemessen: Anhand von Indikatoren – z.B. Gesundheit, Lebensstandard, Zeitverwendung – erhebt das Land bei regelmässigen Umfragen bei seinen Bewohnern den Glücksfaktor.
Das “Bruttonationalglück” ist nicht die einzige Besonderheit des letzten Himalaya-Königreichs. Hier gibt es keine Ampeln, keine Werbeplakate, keine Plastiktüten und bis vor wenigen Jahren auch keine Fernseher.
Das „Gross National Happiness“ (Bruttosozialglück) ist unter Einbezug wirtschaftspolitischer Aspekte die Zielvorstellung für die Entwicklung des Landes. So wird die Lebensqualität der Bevölkerung wird in Bhutan nicht nur am Bruttosozialprodukt gemessen. Vielmehr stehen der Erhalt der kulturellen Identität und ein langfristiger Umweltschutz im Vordergrund.
Nur allmählich hat sich das Land für Touristen und Investoren geöffnet, obwohl seine Wirtschaft zu den drei am schnellsten wachsenden der Welt gehört. Und obwohl 33 % der Bevölkerung in stadtähnlichen Ansiedlungen leben, zählt Bhutan trotzdem heute noch zu den ärmsten Entwicklungsländern.
Dabei gilt das Land für jeden an fremden Religionen Interessierten als Eldorado unbekannter Riten, Bräuche sowie Traditionen. Denn hier wird die Kultur vornehmlich durch die Religion geprägt.
So ist Bhutan die letzte Bastion des Vajrayana Buddhismus, dem rund 72 % der Einwohner des Königreichs angehören.
Zu den wohl beeindruckendsten Erlebnissen eines jeden Reisenden dürften die zahlreichen religiösen Feste mit ihren farbenprächtigen Tempeltänzen gehören, die das Leben der Einwohner durchweg prägen.
Zu den größten Festen kommen die Einheimischen von überallher.
Angetan mit ihrem schönsten Sonntagsstaat treffen sie Freunde und nehmen gemeinsam an den Zeremonien teil.
Wenn man sich dafür ehrlich interessiert, ist man herzlich willkommen.
Beispielsweise beim Thimphu-Festival stellen Maskentänzer auf spektakuläre Art und Weise das Leben Guru Rimpoches dar, der den Buddhismus im 8. Jahrhundert in Bhutan verbreitete.
Ein wenig Geschichte
Das Königreich Bhutan, das Land des friedlichen Donnerdrachens (Druk Yül), ist das letzte wirklich authentische buddhistische Land im Himalaja. Es liegt auf 1.800 bis 7.500 m über dem Meeresspiegel in einer atemberaubenden Landschaft aus Bergkämmen und gewaltigen Gipfeln, tiefen Schluchten und sanften Tälern.
Mit einer Einwohneranzahl von knapp 700.000, verteilt auf eine Landschaftsfläche vergleichbar mit der Schweiz, strahlt das Land eine unglaubliche Ruhe aus.
Im Jahr 2007 wurden erstmals Wahlen für ein Oberhaus und 2008 für ein Unterhaus abgehalten. Seitdem entspricht das politische System Bhutans erstmals westlichen Vorstellungen einer Demokratie. Aus politischer Sicht gilt Bhutan seit dem 18. Juli 2008 formal als konstitutionelle Monarchie.
Erstmals in den 1970-er Jahren öffnete das Land für Reisende seine Grenzen. Bis 1994 durften das Land des Donnerdrachens maximal 3.000 Touristen pro Jahr besuchen. Diese Vorgabe gibt es heute zwar nicht mehr, aber die Besucherzahlen halten sich immer noch im Grenzen. Obwohl das Königreich sich bei der Angabe eines Wunschreisezieles in den oberen Rängen bewegt, so bleibt es nur wenigen vorbehalten, es zu erkunden.
Denn Bhutan hat sich trotz fortschreitender Globalisierung entschlossen, ein geheimnissvolles Paradies zu bleiben, das nur Auserlesenen die Möglichkeit bietet, Land und Leute kennen zu lernen – und dann nur auf exklusivem Niveau.
Das Konzept ist ganz besonders: Die Regierung beschloss aus Angst vor Massentourismus und Bettenburgen, dass Touristen mindestens 250 US-Dollar pro Tag ausgeben müssen, wenn sie das Land des Donnerdrachens kennen lernen möchten. So kann sich das Land an langsam steigende Touristenzahlen gewöhnen und die notwendige Infrastruktur aufbauen. Und ganz wichtig: die eigene Identität bewahren.
Wer durchs Land reist, merkt es. Die hoch geschätzte und gepflegte Kultur Bhutans ist bis heute intakt geblieben.
Als Individualreisender ist man zwar willkommen, muss aber seine Reise laut Gesetzgebung über einen professionellen Anbieter abgewickelt haben. Reisezeit, Hotels, Reiserouten und Programm sind trotzdem individuell gestaltbar. In Deutschland und Österreich gibt es mittlerweile dafür einige Spezialisten.
Land und Leute
Gebetsfahnen begleiten den Weg und weisen uns mehrmals auf die Verknüpfung von Religion und täglichem Leben hin.
Besonders beeindruckend sind die einsamen Dörfer, die über das Land im Himalaya verstreut zu finden sind. Die Landschaft ist herb, das Klima aber angenehm, und das traditionelle Dorfleben hat sich bewahrt.
Spontane Gastfreundschadt hat lebendige Tradition und ist in Bhutan von großer Bedeutung. Das Leben zwischen den Riesen des Himalayas hat auch die Menschen geprägt.
Sie sind von einer stillen Freundlichkeit – nie aufdringlich und sehr respektvoll im Umgang miteinander.
Moderne und Tradition im Einklang
Auf den Höhen des Himalayas gelegen, beweist das Königreich, dass eine Gratwanderung zwischen Naturverbundenheit und der Moderne absolut möglich ist.
Was wir sonst noch und kulinarisch so entdeckten gibt es in Einblicke ins Land des Donnerdrachens zu lesen.
Text und Bilder: Dr. Michael Polster