Wir waren auf der Suche nach dem Aloha-Spirit auf den inzwischen fast komplett amerikanisierten Hawaii-Inseln. Und fanden echte Hawaiianer, Multikulturalität, paradiesische Natur und lernten Surfen…

Es gibt Monster. Unvermittelt zeigen sie ihre Zähne und die weltbesten Surfer werfen Blumen ins Wasser, ehe sie für einen Ritt auf den höchsten Wellen der Welt aufs Board steigen. Surfen im Norden Oahus ist ein Spiel mit der Urgewalt des Meeres. Die Wellen von Waikiki sind Schaumröllchen dagegen.

Aloha Oe auf Hawaii – willkommmen und lebe wohlWaikiki, Stadtteil des Manhattans der Südsee, wie Honolulu gern beschrieben wird, wo das einzige Königshaus auf US-Territorium steht, das der hawaiianischen Könige: “Wir bringen jeden in der ersten Unterrichtsstunde auf dem Brett zum Stehen”, verspricht Nick von einer der Surfschulen direkt am Strand. Hawaii ist für ihn Lifestyle, “Aloha” ein Begrüßungswort, dass es mal Könige gab: “Ja? Wirklich?”

Aloha Oe auf Hawaii – willkommmen und lebe wohlWellen sind nicht gleich Wellen und was Amerikaner unter hawaiianischer Kultur verstehen, hat mit ursprünglicher hawaiianischer Kultur ungefähr so viel zu tun wie Waikikis Schaumröllchen mit den Zehn-Meter-Wellen der Nordküste.

Amerikanische Hawaiianer

Hawaiianer wurden ab den 1960er Jahren in den Schulen als Amerikaner erzogen und viele fühlen sich wie eine für die hawaiianische Kultur verlorene Generation.

Hawaii blickt auf eine 1.500 Jahre alte Geschichte zurück, als Südpolynesier mit Kanus nach Norden reisten, die Hawaii-Inseln entdeckten und sie besiedelten.

Aloha Oe auf Hawaii – willkommmen und lebe wohl
Königspalast auf Oahu

Obgleich Hawaii seit 1795 Königreich und seit 1894 eigenständige Republik war, annektierten die USA das Inselreich vier Jahre später aus militär-strategischen Gründen, deklarierten Hawaii 1900 zum Territorium und 1959 zum 50. Bundesstaat der USA. Eine unblutige Übernahme zwar, aber völkerrechtswidrig.

“Aloha Oe (übersetzt lebe wohl oder fahre wohl), unser bekanntestes Lied, hat unsere letzte Königin Liliuokalani geschrieben, als sie von den Amerikanern unter Hausarrest gesetzt, dem alten Hawaii nachtrauerte”, erzählt Busfahrerin Kemapukakouenikealaokamaile auf Kauai.

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Busfahrerin Kemapukakouenikealaokamaile

“Mein Vorname hat 27 Buchstaben und bedeutet Blumenkranz, der durch die Luft fliegt”, sagt sie und fügt stolz hinzu: “Ich bin noch zu 50 Prozent hawaiianisch! Meine Oma von Niihau gab mir diesen Namen. Aber ihr könnt mich Kanae nennen – mein Spitzname …”

Dabei sollte man wissen, dass das Alphabet der Hawaiianer mit nur zwölf Buchstaben das kürzeste der Welt ist.

Dafür ist die Sprache um so wortreicher: Für Wolke gibt es je nach Aussehen 33, für Wind 130 und für das frühere Hauptnahrungsmittel, die Taro-Pflanze, 225 verschiedene Wörter, Zungenbrecher allesamt, wie der kleine Humuhumunukunukuapuaa, der bunte Staatsfisch der Hawaii-Inseln.

Ur-Hawaiianisches Territorium

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Ukulele Spielerin auf Kauai

Die Insel Niihau vor Kauai ist der letzte verbliebene Ort für alles Ur-Hawaiianische. Betreten dürfen die Insel nur auf Niihau Geborene. Allen anderen ist sogar der Besuch untersagt, es sei denn ein Bewohner, wie Kanaes Oma, erlaubt Besuch von Verwandten, etwa der Enkelin.

Der Erlass geht auf König Kamehameha I. zurück, der dort schon 1864 einen Zufluchtsort für Traditionen schaffen wollte. Unter dieser Bedingung wurde die Insel an die Familie Robinson verkauft, die noch heute dafür einsteht und die noch verbliebenen 50 Einwohner (von einst 700) mit notwendigen Utensilien wie Kleidung oder Zahnbürsten bestückt.

Fürs Trinkwasser sorgt der Staat mit Versorgungsschiffen, Fische, Süßkartoffeln, Obst und Gemüse haben die Inselbewohner reichlich. Es gibt keinen Strom, aber Kerosinlampen, kein Fernsehen oder andere technischen Errungenschaften, jedoch eine Schule.

Gesprochen wird die alte hawaiianische Sprache. Alkohol und Zigaretten sind verboten. Paradox ist allerdings: 50 Prozent der Insel sind ans Militär verpachtet. Der Stützpunkt ist aber komplett abgeschottet. Von dort kontrollieren die USA den Pazifik.

“Kauai ist zehn Jahre hinter Oahu”, sagt Kanae.

Amerikanischer als Amerika

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Aloha Tower in Honolulu

Oahu, der Versammlungsplatz, so die Übersetzung, und vor allem Honolulu, könnten irgendwo auf dem Festland der USA sein.

Im Shopping Centre “Ala Moana” treten Hula-Tänzerinnen auf, um Kunden anzulocken.

Von den 20 Tänzerinnen haben vielleicht zwei hawaiianischen Wurzeln. Susan, 22, blond, aus San Francisco, arbeitet in einer Coffee Bar im “Ala Moana” und sagt: “Ich bin Hawaiianerin”. Seit genau zwölf Monaten ist sie in Honolulu.

Aloha Oe auf Hawaii – willkommmen und lebe wohlPlantation-Mike mit japanischen Wurzeln macht Glasschmuck, die Chinesin Jinjin ist Hotelrezeptionistin und der nette Kellner Jose, geboren in Manila, sind ebenfalls Hawaiianer.

Chinesen und Japanern kamen schon im 19. Jahrhundert als Kaufleute und Arbeiter, die Philippinos ab 1900 für die Zuckerrohrfelder, es folgten Europäer und natürlich Festlands-Amerikaner.

Und alle sorgten für Multikulturalität, aber auch dafür, dass hawaiianische Riten und Kulturen verwässert wurden. Somerset Maugham erkannte das bereits bei seinem Besuch 1916 in Honolulu: “Das Allerneueste vermengt sich hier mit dem unermesslich Alten.”

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Pearl Harbour – auch das gehört zur geschichte und zu Oahu.

Auch Barack Obama ist Hawaiianer, am 4. August 1961 in Honolulu geboren, wenngleich, wie fast alle, kein Ur-Hawaiianer, von denen es, so schätzt man, nur noch rund Tausend gibt. Einwohner hat der 50. Bundesstaat der USA 1,4 Millionen.

Acht Millionen Touristen kommen jährlich auf die Inseln, davon sechs Millionen nach Oahu und davon der Großteil nach Waikiki. Die Besucherströme werden kanalisiert und hawaiianische Kultur fast nur noch in organisierten Shows inszeniert. So kann der Rest von Hawaii wenigstens noch ein bisschen Authentizität bewahren.

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Puuhonua o Honaunau

Aloha Oe auf Hawaii – willkommmen und lebe wohlMagischer Ort

 

Solch ein authentischer Platz findet sich auf Big Island, südlich von Kona, wo der berühmte Kaffee wächst: Puuhonua o Honaunau, der heilige Platz der Hawaiianer. Er ist nicht groß, aber magisch.

Die bis zu fünf Meter hohen Kii, aus Koa-Holz geschnitzte Götterabbilder, ziehen jeden Besucher in ihren Bann – auch wenn es witterungsbedingt Repliken sind. Am furchteinflößendsten gibt sich Wächter Kukailimoku, am erhabendsten Lonoikiaweawealoha, der Gott der Liebe: Man verweilt, staunt – Gänsehaut bei 30 Grad.

Aloha Oe auf Hawaii – willkommmen und lebe wohlWer die Kapu, die heiligen Gesetze, gebrochen hatte, konnte sich vor Strafverfolgung retten, in dem er ins Puuhonua flüchtete, wo ihm die Absolution erteilt wurde.

Das Kreuzfahrtschiff “Pride of America” läuft im Wochenrythmus das gesamte Jahr über die vier größten Hawaii-Inseln an: Oahu, Maui, Big Island, Kauai. Vor Maui liegt in Sichtweite Molokai.

Sie bleibt beim Routing außen vor, “weil die Insel ihre Ursprünglichkeit weitgehend bewahrt hat”, sagt Harry Sommer, Präsident von Norwegian Cruise Line, der Reederei, zu der die “Pride” gehört. “Die Leute dort wollen keine Touristen und lassen uns auch nicht ankern.”

Ein großer Teil der Molokaianer stammt von hawaiianischen Ureinwohnern ab. NCL verzichtet auch darauf, Tagesausflüge nach Molokai anzubieten.

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Lavafelder auf Big Island

Alles hat zwei Seiten

Ein guter Zug. Andererseits zieht der zentralisiert-kanalisierte Tourismus so auch an den meisten Hawaiianern vorbei. Nehmen wir Maui, vergleichbar mit den Kanarischen Inseln für uns Mitteleuropäer: Maui ist vollgepackt mit tollen Hotels.

Aloha Oe auf Hawaii – willkommmen und lebe wohlAlles ist genau dort, wo es hingehört: Papierschnipsel sind im Mülleimer, Geldscheine auf der Bank, Touristen in den Hotels, Festlands-Amerikaner in guten Positionen und für Hawaiianer bleibt nur der eine oder andere Hula-Auftritt auf einer Hotelbühne. Der Tourismus macht den Alltag teuer, besonders die Eigenheime. Viele sind deshalb weggezogen: ins ungleich günstigere Las Vegas …

Anders als bei vergleichbaren Weltmarken wie Paris mit dem Eiffelturm oder Indien mit dem Taj Mahal schießen bei Hawaii als erstes keine Bauwerke durch den Kopf, sondern seine Menschen, die Kultur und Atmosphäre: Hula-Tänzerinnen, Blumenkränze, Ukulele-Klänge und die Surfer.

Aloha Oe auf Hawaii – willkommmen und lebe wohlPaoa Kahanamoku, den sie Duke nennen, kannte man eigentlich als Schwimmer, weil er bei den Olympischen Spielen 1912 Gold und Silber gewann. Er machte das Surfen bekannt, als man ihn nach seinem Hobby fragte.

Seine Antwort lautete: surfen. Doch was zum Teufel war Surfen? Heutzutage ist es ein Stück Lebensphilosophie.

Aloha Oe auf Hawaii – willkommmen und lebe wohlIm Radio wird der Surf zusammen mit dem Wetter angegeben, in Waikiki laufen die Beachboys mit ihren Surfbrettern unterm Arm herum wie Geschäftsleute mit Aktentaschen anderswo. Die Nicks dieser Welt haben das sportliche Kulturgut gerettet und weiterentwickelt, auch wenn sie nichts von hawaiianischen Königen wissen…

Aloha Oe auf Hawaii – willkommmen und lebe wohlHawaiianer sagen “Aloha” zum Gruß, aber auch zum Abschied. Doch das am meisten genutzte Wort in der hawaiianischen Sprache bedeutet noch viel mehr: Es kann auch Liebe und Nächstenliebe heißen oder gar der Atem des Lebens. Bleibt zu hoffen, dass dieser für die Hawaiianer noch so lange wie möglich anhält …

Allgemeine Reisetipps und unsere ganz speziellen Infos zu Hotels, Restaurants, Ausflügen, Surfen …. findet ihr in Teil 2 unseres Reiseberichtes. Zur Planung der nächsten Traumreise?!

 

Text: © Jochen Müssig
Fotos: © Jochen Müssig (15 Bilder) / © Edmund Heinrichsdobler (2 Bilder)

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